Sonntag, 2. August 2020

# 120 - "Herz und Verstand" - Die Huthmachers (1978)

Die leisen Töne sind es, die mich aktuell beschäftigen. Die, die meist überhört werden. Und doch gibt es aktuell kaum etwas, dass ich mir mehr wünschen würde, als das Herz und Verstand wieder mehr Einzug in unsere Gesellschaft finden würden ...



DIE HUTHMACHERS
Herz und Verstand (M & T: Dieter Huthmacher)

1978, Doppelfant, aus der LP "Lieder"


Die Huthmachers bestanden aus Karin Huthmacher, geb. Oehler (1950-2020) und Dieter Huthmacher (* 1947). Das Duo, das auch privat ein Paar war, formierte sich 1977 und trat bis zur Scheidung 1999 gemeinsam auf.

Im Juli 1977 traten sie im "Talentschuppen" und 1979 in Michael Schanzes Fernsehsendung "Michael Schanze präsentiert Nachwuchkünstler" auf.

Dieter Huthmacher nahm solistisch bereits 1974 ("Ich sing' jetzt nicht das Deutschlandlied") und 1976 ("Immer in Eile") Langspielplatten auf.
Zwischen 1978 und 1996 veröffentlichten sie gemeinsam mehrere Langspielplatten mit ihren eigenen Titeln.


Wenn keine Zeit mehr bleibt
Wenn keine Zeit mehr bleibt
Für ein paar Gefühle

Wenn keine Zeit mehr bleibt
Wenn keine Zeit mehr bleibt
Für ein paar Gefühle

Wenn keine Zeit mehr bleibt
Wenn keine Zeit mehr bleibt
Für ein paar Gefühle

Bleibt mir nur der Verstand
Bleibt mir nur der Verstand
Und nichts mehr, was ich liebe

Bleibt mir nur der Verstand
Bleibt mir nur der Verstand
Und nichts mehr, was ich liebe

Bleibt mir nur der Verstand
Bleibt mir nur der Verstand
Und nichts mehr, was ich liebe

Dass, ich beides mir bewahr
Verstand und Herz sogar
Erfinde ich die Lüge

Dass, ich beides mir bewahr
Verstand und Herz sogar
Erfinde ich die Lüge

Dass, ich beides mir bewahr
Verstand und Herz sogar
Erfinde ich die Lüge

Und bau' auf den Verstand
Und bau' auf den Verstand
Auf dass er mir genüge

Und bau' auf den Verstand
Und bau' auf den Verstand
Auf dass er mir genüge

Und bau' auf den Verstand
Und bau' auf den Verstand
Auf dass er mir genüge

Weil keine Zeit mehr bleibt
Weil keine Zeit mehr bleibt
Für ein paar Gefühle

Weil keine Zeit mehr bleibt
Weil keine Zeit mehr bleibt
Für ein paar Gefühle



Dem ist fast nichts hinzuzufügen. Faszinierend wie wenig Worte man manchmal verwenden muss, um doch ganz viel auszusagen. Die wichtigste Botschaft steckt allerdings auf den leeren Zeilen dazwischen ... doch die finden leider nur die wenigsten.

# 119 - "Die Zeit" - Golem (1970)

Nach ein paar Tagen Abstinenz habt ihr euch hoffentlich von den skurrilen 80er-Hits der letzten Postings erholt und freut euch wieder auf leisere Töne. Heute stelle ich euch eine ganz besondere Rarität vor:




GOLEM
Die Zeit [The Time] (M: Peter Kutzer-Salm / dt. T: Georg Danzer)

1970, Rundfunkaufnahme (leider niemals auf Platte veröffentlicht)



Die Wiener Band Golem wurde Ende der 60er-Jahre von Peter "Piet" Kutzer-Salm (* 1946) in Wien gegründet. Weitere Mitglieder waren Horst "Flöti" Noibinger (* 1944), Martin Wolfer (1947-1999), Sylvia Sylt (bis 1970) und Karin Stranig (ab 1970). 1971 wurde die Gruppe um den Bassisten Peter Altrichter (* 1947) erweitert.
1970 versuchten sie ihr Glück bei der Vorausscheidung zur "Show-Chance" 1970, einem großen von ORF und Ö3 (rund um Rundfunk-Legende Evamaria Kaiser) initiierten Talentwettbewerb, kamen jedoch mit ihrem Titel im Wiener Dialekt nicht ins Finale, da die Jury meinte, dass man diese Art von Musik nicht wolle (den Bewerb hat übrigens ex äquo mit Eric, der ein englisches Lied sang, Marianne Mendt mit "Wie a Glock'n" gewonnen!).
Am 20. September 1970 traten sie mit ihrer Eigenkomposition "The Time" in Peter Rapps legendärer Musiksendung "Spotlight" auf - übrigens die allererste Sendung im ORF, die in Farbe ausgestrahlt wurde!

Golem spielt keine Lieder zum Mittanzen, sie machen Musik zum Zuhören. Mit ihrer Eigenkomposition "Your Time is over", die sie aus acht vorgegebenen Takten komponierten, errangen sie bei der "Show-Chance" 1971 den Sieg. Der Titel wurde später auch als Single veröffentlicht. 1973 folgte die EP "Rote Sonne Golgotha" mit Liedern zu Bildern des Künstlers Roland Litzenburger (1917-1987) unter der musikalischen Leitung von Gerhard Bronner. Bei der Produktion der geplanten Langspielplatte kam es allerdings zu Unstimmigkeiten innerhalb der Gruppe, weshalb die gesamte Produktion von Bronner vernichtet wurde. Lediglich der Titel "Jonah saß im Wal" wurde von Bronner selbst mit Golem als (ungenannten) Begleitchor als Single veröffentlicht.

Nach dem Ausstieg von Martin Wolfer 1974 löste sich die Gruppe auf. 1975 gründete Kutzer gemeinsam mit Karin Stranig, Evamaria Kaiser und Ernst Kugler die Clowngruppe "KaiKuKaS", mit der sie nicht nur zahlreiche Auftritte absolvierten, sondern auch mehrere Tonträger veröffentlichten.

Die vorliegende Aufnahme "Die Zeit" ist die deutsche Version von "The Time". Der deutsche Text ist ein Frühwerk des jungen Georg Danzer (1946-2007), der nach zwei eher gefloppten Singles als Komponist und Texter für andere InterpretInnen tätig war.


Die Zeit deines Lebens
Ist so wie ein rotes Band
Das du hältst in deiner Hand
Halt' es fest und nütz' die Zeit

Und frag' nicht vergebens
Nach dem Rätsel dieser Welt
Deine Stunden sind gezählt
Halt' sie fest und nütz' die Zeit

Zeit ist ein Traum, ein Flug ohne Flügel
Sie läuft dahin, wie ein Pferd ohne Zügel
Zeit ist ein Haus mit offenen Türen
Durch das du gehst

Zeit zu vergessen, Zeit zu vergeben
Du hast wenig zum Leben
Und darum nütz' die Zeit
Deines Lebens
Sie gehört nur dir allein
Und für immer ist sie dein
Halt' sie fest und nütz' die Zeit

Refrain






Ein wahnsinnig poetischer Text von Georg Danzer, der auch 50 Jahre später nicht an Aktualität verloren hat. Und ich glaube, heute fühlt sich alles noch schnelllebiger an, als damals. Und eigentlich ist dem Ganzen nichts hinzuzufügen, oder? Wir alle haben jeden Tag 24 Stunden zur Verfügung und die Chance, das Beste daraus zu machen. Manchmal gelingt es uns, häufig aber so überhaupt nicht. An sich ist das auch überhaupt kein Problem, allerdings weiß leider keiner von uns, wann der Sand in unserer Sanduhr durchgelaufen ist. Denken wir in diesem Moment dann an das, was schön war oder an das, was wir ver(ab)säumt, falsch gemacht, nicht gesagt haben?

"Am Grab der meisten Menschen trauert - tief verschleiert - ihr ungelebtes Leben." (Georg Jellinek, 1851-1911)