Dienstag, 28. Juli 2020

# 118 - "Sternenland" - Mara (1983)

Nachdem es langsam spät wird und die Sonne bereits vor einiger Zeit untergegangen ist, wollte ich den Tag gern thematisch passend abschließen:



MARA
A: Sternenland (M: Joachim Heider / T: Norbert Hammerschmidt)
B: Stell' dir vor (M: Michael Langer Hauch / T: Michael Kunze)
Roland Kaiser
April 1983, Polydor, 810 963-7


Norbert Hammerschmidt, 1944 in Dortmund geboren, begann sich Anfang der 70er-Jahre als Texter einen Namen zu machen. Bekannte Titel von ihm sind beispielsweise "Was macht der Hund auf dem Sofa?" (Nighttrain, 1978), "Hey Josephine, leg' dich doch hin" (Bert Beel, 1978), "Captain Starlight" (Frank Zander, 1979), "Raus aus den Klamotten" (Benny, 1979), "Wenn die Peitsche knallt" (Sunday, 1979), "Du weinst um ihn" (Thomas Anders, 1980) sowie "Santa Maria" (1980), "Lieb' mich ein letztes Mal" (1981), "Dich zu lieben" (1981), "Manchmal möchte ich schon mit dir" (1982) und "Joana" (1984) für Roland Kaiser.

Mara wurde 1953 als Margarita Fnoucek in Wien geboren und wuchs im niederösterreichischen Himberg auf. Ihren Job als Bodenstewardess bei Austrian Airlines verlor sie, nachdem sie einem Gesangskollegen einen Gefallen tat, indem sie sein Übergepäck nicht berechnete.
Margarita bewarb sich beim Österreichischen Rundfunk und wurde eingeladen, 1974 an der "Show-Chance" teilzunehmen, einer österreichweit initiierten Casting-Show von ORF und Ö3, die bereits Talente wie Wilfried, Marianne Mendt, Heinrich Walcher, Waterloo & Robinson oder Peter Cornelius hervorgebracht hatte. Für diesen Bewerb schrieb sie den Titel "Fremde Liebe", eine Hommage an Oskar Werner, den sie sehr verehrte. Als die geplante Schallplattenproduktion nicht zustande kam, verließ sie Wien und ging nach München. 1976 wirkte sie bei der deutschsprachigen szenischen Erstaufführung des Bernstein-Musicals "Candide" in der Wiener Stadthalle mit.
1983 erhielt sie die Möglichkeit am Vorentscheid für den deutschen Beitrag beim Eurovision Song Contest teilzunehmen. "Sternenland" landete allerdings nur auf Rang 9. Nachdem ihr Ehemann ihre Karrierewünsche nicht unterstützte (und sie vor ein Ultimatum stellte), hängte sie die Musik an den Nagel. 
Nach dem Tod ihres Mannes fühlte sie sich zu alt für eine große Karriere als Sängerin. Als Quereinsteigerin ging sie 1997 in die PR- und Medienbranche. 2004 gründete sie die Schauspiel-Agentur "Actors & Talents, die sie auch heute noch erfolgreich betreibt.

Einem breiten Publikum müsste aber zumindest ihre Stimme bekannt vorkommen. Seit den 90er-Jahren ist sie eine gefragte Synchronsprecherin. So ist sie z. B. die Stimme der Luna in "Sailor Moon" (sie sang auch eine Vielzahl der Lieder in dieser Serie), Bonnie Swanson in "Family Guy", Linda in "Futurama" sowie zahlreichen Episoden der Simpsons.


Jetzt aber zu diesem galaktischen Titel, der immerhin thematisch gut zu ihrer späteren "Zeichentrick-Karriere" passt ;)

Bin ich nur ein Traum?
Und gar nicht wirklich da?
Schließ' deine Augen
Dann werd' ich bei dir sein

Bist du auf Empfang
Dann erzähl' ich dir
Von einem Land im fernen All
Wohin ich dich entführ'

Fühlst du dich allein?
Gib' mir deine Hand
Und halt' dich fest
Ich bring dich fort
Du wirst strahlend helle Sterne seh'n
Die niemals untergeh'n

In meinem Sternenland
Fernen Land
Wirst du nie mehr einsam sein
Komm mit mir 
Diese Tür
Führt ins Paradies hinein

Das Land, das Liebe heißt, so fern und nah
Mein Sternenland macht dir ein Märchen wahr

Viele Jahre lang
Seh' ich dir schon zu
Wie viel von euch
Auf eurem Stern
Sind einsam so wie du?

Wenn du träumen kannst
Wirst du mit mir geh'n
Lichtjahre weit
Durch Galaxien
Und mit mir all die Wunder seh'n
Die nur bei uns gescheh'n

Refrain




Liebenswerter kann eine Entführung von Außerirdischen gar nicht klingen, oder? Bekommt man da nicht auch Lust auf einen Road Trip auf der Milchstraße mit anschließendem Chill-out in den Jupiter-Ringen? Was, nicht? Okay zugegeben, die Outfits sehen nicht wirklich spacig aus. Wirken eher wie Jogginganzüge, Overalls und Onesies, die mit ein paar Sternen beklebt wurden. Allerdings sind solche Outfits heute der letzte Schrei. Selbst Dauerwellen kommen wieder! Ich wette, Mara würde heute mit dem Outfit beim Vorentscheid für den ESC mindestens eine genauso gute Figur machen wie damals. 
Definitiv Pluspunkte gibt es für das tolle Arrangement, die Streicher hauen richtig rein, hier hat man neben thematisch-passenden Synthisizern glücklicherweise auch auf "solide und echte" Töne gesetzt ;)

Viel Spaß auf der Tour durchs Sternenland!

# 117 - "Hallo Taxi" - Anja Krenz (1987)

Alle jene, die hin und wieder auf diesem Blog vorbeischauen, um sich die tägliche Dröhnung spezieller Musik zu geben, kennen bereits mein großes Faible für (skurrile) deutsche Coverversionen internationaler Hits.

Heute habe ich ein ziemlich unbekanntes Cover ausgegraben:



ANJA KRENZ
A: Hallo Taxi [Joe le Taxi - Vanessa Paradis] (M: Alain Langolff / dt. T: Michael Reincke)
B: So wie es einmal war (M: Michael Langer Hauch / T: Anja Krenz & Michael Reincke)

1987, Transparent, 109657-100


Michael "Michy" Reincke, 1959 in Hamburg geboren, macht sich seit den 90er-Jahren auch als Solosänger einen Namen. Bereits Anfang der 80er-Jahre war er Mitglied der Gruppen Scarlet Lilac und Felix de Luxe, für die er auch Songs schrieb (u. a. "Wo seid ihr?", "Taxi nach Paris", "Hinein ins wilde pralle Leben" und "Blonder Clown"). Sein aktuell letztes Album erschien 2018 ("?!").

Die Hamburgerin Anja Krenz war bereits als Kind musikaffin. Später stand die ausgebildete Groß- und Außenhandelskauffrau nicht nur als Sängerin auf vielen Bühnen, sondern auch vor dem Studiomikrofon. Sie war Mitglied verschiedener Formationen, wie z. B. "Chanson Bleu", "Die Sirenen",  "Dis Noir" und "Susi's Schlagersextett".
Nach mehreren Jahren als Moderatorin bei einem Privatradiosender und als Redakteurin bei einem Schulbuchverlag, war sie bis 2017 Verkehrsmoderatorin bei NDR 90,3. Im selben Jahr machte sie ihre Berufung zum Beruf und ist seither als "Die Marmeladenköchin" bekannt.



Hallo!
- Hallo! Wohin geht's?

Hallo Taxi, komm, fahr' mit mir fort

Dort wo ich sein mag, jagt man dem Mond nach
Die Sehnsucht ist mein Chauffeur
Komm und fahr', fahr' in jede Bar

Es ist schön, niemand führt Regie

Ich vergess' ...
Die Liebe ist so wie die Rumba

Man tanzt sie auch anderswo

Hallo Taxi, c'est la Vie
So wie im Kino schau' ich nur zu
Ich bin so nah und weiß nicht wo

Ich vergess' ...
Liebe kennt kein Lexikon
Sie ist so nah
Und läuft so oft vor mir davon

Es ist so ...
Es ist so ...
Ich hab' Chance
Mein Herz ist ein Akkordeon

Hallo Taxi, sei bitte so nett
Hallo Taxi, bring' mich nicht zu Bett

Refrain

Hallo Taxi, die Uhr tick-tackt nie
Hallo Taxi, die Uhr klick-klackt nie
Hallo Taxi, die Uhr tick-tackt mir





So, das ist ja jetzt ein philosophischer Text, oder? Sinnfragen im Taxi, auf dem Wag nach Nicht-Zuhause. Überall sonst ist okay, auch wenn die Uhr bereits "tick-tackt". Bis auf "Taxi", "c'est la Vie" und "Rumba" erkenne ich allerdings wenig Gemeinsamkeiten mit dem Original. Zugegeben, meine Französisch-Sprachkenntnisse sind äußerst bescheiden. 
Der Song handelt original von einem portugiesischen Taxifahrer namens Joe, der wegen der Estado Novo nach Frankreich geflohen war und nun in Paris arbeitet. Joe kennt alle wichtigen Orte und Bars der Stadt, trinkt gerne Rum, liebt lateinamerikanische Musik und besitzt ein Saxophon.

Für Anja Krenz wurde es leider kein Hit. Das Original von der damals 15jährigen Vanessa Paradis hingegen erreichte gute Charterfolge: #1 in Frankreich, #3 in England und #8 in Deutschland. Jüngeren wird sie eher durch ihre Beziehung mit dem Schauspieler Johnny Depp bekannt sein, mit dem sie zwei Kinder hat.
Ob ihr Herz auch "ein Akkordeon" ist? Naja ... "Liebe kennt kein Lexikon" und Fantasie demzufolge kein Wörterbuch.



Ich hoffe das Lied bereitet euch Freude, wenn ihr das nächste Mal in ein ... cha-cha-cha ... Taxi einsteigt und nicht wisst, wohin ihr fahren sollt ... 

# 116 - "Ab und los" - Markus (1983)

Die NDW (= Neue Deutsche Welle) hat definitiv einige interessante Künstler hervorgebracht. Bekannteste Gesichter waren zweifellos Nena, Trio, DÖF und Ideal. Dennoch bewies gerade diese musikalische Bewegung, dass Charakter, Message und Performance in vielerlei Hinsicht mindestens genauso wichtig sind, wie musikalisches Können (wenn nicht sogar teilweise sogar am wichtigsten). Einige haben sich wacker gehalten, manche sind ziemlich schnell wieder in der Versenkung verschwunden.



MARKUS
A: Ab und los (M: Axel Klopprogge & Ken Taylor / T: Axel Kloprogge & Markus Mörl)
B: Knallhart im Schlaraffenland (M: Axel Klopprogge & Lothar Krell / T: Axel Klopprogge)

1983, CBS, A 3674
produziert von Axel Klopprogge



Axel Klopprogge (* 1956) schrieb neben Markus' Erfolgstiteln u. a. "Jet Set Ficker" (Straßenjungs, 1981), "Highdelbeeren" (Wilfried, 1981) und "Opportunity" (Toyko, 1985).

Markus wurde 1959 als Markus Mörl geboren, er startete seine musikalische Laufbahn als Gitarrist der Band "Nylon Euter", die 1982 ein Album inklusive einer Single-Auskoppelung auf den Markt brachten. Im gleichen Jahr begann seine Solokarriere mit dem Album "Kugelblitze und Raketen" (#26). Die ausgekoppelte Single "Ich will Spaß" hielt sich 24 Wochen in den Charts und landete sogar auf #1. Weitere Titel von ihm waren "Schön sind wir sowieso" (#39) und "Kling, Klang, Schicksalsmelodie". Zu einem größeren Erfolg wurde "Kleine Taschenlampe brenn'" (#5), aus dem Kinofilm "Gib Gas - Ich will Spaß", in dem Markus die Hauptrolle spielte. Im Film sang er es gemeinsam mit Nena, im Studio und bei Live-Auftritten stammt der weibliche Part von Andrea-Maria Schneider (ehemaliges Mitglied der "Cinderellas").
Als die Neue Deutsche Welle abebbte, gründete er 1985 die Band T.X.T. Ihr Song "Girl's got a brand new Toy" landete auf #4 der italienischen Charts. Seine letzte Chartnotierung in den deutschen Charts war 1992 mit "1000 Kerzen werden brennen" (#79).

In den letzten Jahren fiel Markus eher als Teilnehmer von Reality-TV-Formaten in Erscheinung, z. B. 2004 in der "Comebackshow" (Prosieben), 2017 in "Das Sommerhaus der Stars - Kampf der Promipaare" (RTL) und durch die Live-Übertragung seiner Hochzeit am 11. Juli 2020 auf RTL II.

Mit "Ab und los" zeigt Markus auf jeden Fall ... ja ... ähm ... was eigentlich?


Vollmond über New York, Vollmond tief in mir
Die Venus trifft Aquarius und ich treff' mich mit dir
Ich renn' in mein Zimmer, die Wände auf und ab
Mein Whiskeyglas schon lange leer, mein Fuß macht tap, tap, tap

Wo bleib'n nur die Babys?
Wo sind meine Friends?
Da donnert's endlich vor der Tür
Da tönt es im Quartett

Und die Kumpels rufen
Ab, ab, ab und los
Komm raus, komm raus, komm raus
Ab, ab, ab und los
Komm raus, komm raus, komm raus

Trommeln aus der U-Bahn, der Master gibt Signal
Dein babyblauer Caddy stoppt erstmal am Kanal
Und aus allen Ecken klettern groovy Freaks
Die Hände klatschen laut im Beat, die Haare fliegen mit

Rhythmus aus der Müllbox
Party in der Bronx
Du beißt mir in mein weißes Ohr
Ich bin heut' Nacht dein Hans

Refrain
Hallelujah

Voodoo bei McDonalds, ich tanz' mit Tablett
Der Soul ist gut, die Stadt dreht durch, wir sind echt gut drauf
Unter deinen Stöckeln kocht schon der Asphalt
Die Bassdrum nimmt uns beide mit
Und du sagst niemals "Halt"





Uff ... ich weiß nicht, welche Substanzen damals im Spiel waren, als dieser Titel entstand, aber Markus und New York haben weder heute noch damals viel gemeinsam. Ich bin mir zudem ziemlich sicher, dass Markus sehr viele Talente hat - aber musikalisch ist da doch einiges im Argen. Vor allem wenn man sich Live-Auftritte von ihm aus dieser Zeit anhört.
Faszinierend was alles so bei Vollmond in New York passiert. Wie allerdings "Vollmond tief in mir" aussieht, weiß ich nicht: Weißes Leuchten in der Birne? Keine Ahnung. So ganz kann ich seinen Ausführungen aber nicht folgen. Ich dachte, er fiebert einem Treffen mit seiner heißen Biene entgegen und freut sich dann aber, als seine Kumpels zu einer kleinen Sauftour vorbeikommen und sie gemeinsam die Stadt unsicher machen?

"Trommeln aus der U-Bahn, der Master gibt Signal
Dein babyblauer Caddy stoppt erstmal am Kanal
Und aus allen Ecken klettern groovy Freaks
Die Hände klatschen laut im Beat, die Haare fliegen mit"

Das klingt wie ein schlechter Entwurf für ein Michael-Jackson-Musikvideo, der sehr schnell wieder verworfen wurde. Wenn ich mir dieses Szenario - zugegebenermaßen - tatsächlich ganz gut vorstellen kann. Allerdings eher in Castrop-Rauxel, als in der US-Metropole.
"Rhythmus aus der Müllbox", ja bei so einer heißen Partyeinladung (in die Bronx!!!) kann wirklich keiner widerstehen. Noch dazu, wenn sich Markus für sie extra noch zum "Hans" macht - allerdings nur für "heut' Nacht". Am Morgen nach dem ONS bleibt wohl nur der Abdruck seines Körpers im Bettlaken neben ihr zurück und sie wird sich ihr Leben lang fragen, was wohl aus "Hans" geworden ist. Sollten die beiden nicht aufgepasst haben, ist es auch eine schöne Story für das bald darauf geborene Baby. Fast wie im schlechten Film.

Okay. Im letzten Refrainteil steige ich wirklich aus - "Das halt' ich im Kopf nicht aus", würde mir wohl Maggie Mae zurufen. "Voodoo bei McDonalds". Bei solchen Praktiken fehlen mir wirklich die Worte. Aber gut, nachdem eh die ganze Stadt durchdreht und unter den Schuhsohlen bereits der Asphalt kocht, klingt das für mich eindeutig nach Apokalypse und dem Ende der Welt. Dann macht alles Sinn. Allerdings würde ich persönlich es begrüßen, wenn irgendjemand rechtzeitig noch "Halt" sagen würde.

Bonuspunkte erwirkt sich Markus, der seinen Körper ordentlich gestählt hat. Möglicherweise um die Hupfdohlen, die ihm bei diesem Auftritt zur Seite gestellt wurden, zu becircen. 
Bei seinem Auftritt (0:07) erweckt es fast den Eindruck, als wäre er noch gar nicht bereit für die Performance gewesen. Er sieht so aus, als wäre er gerade von der Couch aufgestanden, um den Chips- und Biervorrat für den bevorstehenden Fernsehabend aufzufüllen. Aber halt, die Rechnung nicht mit Markus gemacht! Denn in Sekundenschnelle holt er zu einem Rundumschlag aus und wechselt in den Party-Mode (0:10). Bei diesen Moves kann selbst Aerobic-Ikone Sydne Rome einpacken!

Viel Spaß beim Nachturnen!

P.s.: Die B-Seite "Knallhart im Schlaraffenland" ist - auch wenn es so vielversprechend klingt - leider nicht der Soundtrack zu einem heißen Pornostreifen Güteklasse A.

# 115 - "Das halt' ich im Kopf nicht aus" - Maggie Mae (1982)

Ja, ich hab mich in den letzten Wochen wirklich sehr zurückgehalten und meinen Blog sträflichst vernachlässigt. Ich muss ehrlich gestehen, dass ich (erstmals) wieder so viel zu tun hatte, dass ich nicht dazugekommen bin. Und auch zwischenmenschliche Kontakte nahmen wieder zu. Ich hoffe, ihr seid mir nicht allzu gram und freut euch, dass ich doch noch ein paar schrecklich-schöne Songs für euch ausgegraben habe. 

Ich starte jetzt ein kleines 80er-Jahre-Special!



MAGGIE MAE
A: Und der Weihnachtsmann behauptet, er ist Elvis [There's a Guy works down the Chip Shop swears he's Elvis - Kirsty MacColl] (M: Kirsty MacColl / dt. T: Werner Schüler)
B: Das halt' ich im Kopf nicht aus [Jo, des hoitst im Kopf net aus - Lenz Hauser] (M & T: Lenz Hauser & Harry Stümpl)

1982, Jupiter Records, 6.13281
produziert von Werner Schüler


Maggie Mae hatte ich hier bereits einmal vorgestellt. Als Andrea Carle 1960 in Karlsruhe geboren, landete sie 1974 mit einer Neuaufnahme von "My Boy Lollipop" einen Hit. In den nächsten Jahren fiel sie vor allem durch schräge Stimme Outfits und spektakuläre Performances auf, die ihr den Beinamen "verrücktes Huhn" einbrachten. 1975 und 1976 versuchte sie Deutschland beim Eurovision Song Contest zu vertreten, scheiterte aber im Finale. Nach der Aufnahme der vorliegenden Single beendete sie 1982 ihre musikalische Karriere und wanderte nach Amerika aus, wo sie heute noch mit ihrem zweiten Ehemann in Florida lebt. Sie hat vier Kinder (Candita, Cassandra, Michael-Nicholas und Samantha) und mehrere Enkelkinder.

Zu ihren erfolgreicheren Titeln gehören: "I'm on Fire" (1975), "Die total verrückte Zeit" (1975), "Applaus für ein total verrücktes Haus" (1976), "Und dann noch eins: Ich liebe dich" (1977) sowie "Rock'n'Roll-Cowboy" (1981, den ich hier bereits vorgestellt hatte).

Lenz Hauser, eigentlich Lorenz Schadhauser, nahm selbst zwischen 1975 und 1981 drei Singles auf. Mit "Moment" versuchte er 1981 ebenfalls erfolglos Deutschland beim Eurovision Song Contest zu vertreten (an den Start ging damals Nicole und der Rest ist Geschichte!). Auf diesem Blog habe ich bereits (aus seiner Feder) "I steh' nur auf Italiener" veröffentlicht.

Nun aber zu du diesem "besonderen" Titel:

Das halt' ich im Kopf nicht aus
Auf meinen Haaren sitzt 'ne weiße Maus
Oh, welch ein fürchterlicher Graus
Au, das halt' ich im Kopf nicht aus

Und die Maus in meinem Haar
Und die Maus in meinem Haar
Findet alles wirklich wunderbar
(Wiederholung)

Das halt' ich im Kopf nicht aus
Ich schlage nach der kleinen weißen Maus
Meine Hand trifft die Nase, nicht die Maus
Oh, das halt' ich im Kopf nicht aus

Refrain

Das halt' ich im Kopf nicht aus
Aus meiner Nase tropft das Blut heraus
Und die kleine Maus lacht mich noch aus
Hihi, das halt' ich im Kopf nicht aus

Refrain

Das halt' ich im Kopf nicht aus
Der Wecker reißt mich aus dem Traum heraus
Ich lauf' zum Spiegel, such' die weiße Maus
Sie ist weg, der Traum ist aus

Und ich denk' was kann das sein
Und ich denk' was kann das sein
Lag es gestern an dem süßen Wein?

Heute Abend trink' ich Saft
Heute Abend trink' ich Saft
Damit die Ratte mich nicht nochmal schafft




Für alle Freunde bayerischer Musikkunst - das Original von Lenz Hauser mit leicht abgewandeltem Text findet sich auch auf YouTube (ich überlasse es euch, welche Version ihr "gelungener" findet):




Was soll ich sagen? Der Zustand, in dem man meint, überall weiße Mäuse zu sehen, wird vermutlich nicht nach einem einzigen Glas des süßen Weins erreicht sein. Oder war es nur ein packender Fiebertraum? Man weiß es nicht. Blöd, wenn man sich allerdings beim Versuch, sich dieser Maus zu entledigen, selbst eine verpasst und fast k.o. schlägt. In diesem Fall würde ich sagen, sollte man seine "Mäuse" lieber in Saft investieren, ehe man zu rattig den Kellner mit der Weinflasche verfolgt.
Schade, dass Maggie mit Titeln dieser Art nicht gelungen ist, ihr altes Image loszuwerden. Ende der 70er-Jahre hat sie, produziert von Joachim Heider, fast geschafft, einen Imagewechsel zu vollziehen und anspruchsvollere Titel zu singen. Optisch aufgepimpt, brillenlos konnte sie aber nicht an ihre früheren Erfolge anknüpfen, weshalb hier scheinbar der Retourgang eingelegt wurde. Maggie dachte sich bei diesem Titel aber vielleicht auch: "Das halt' ich im Kopf nicht aus" und kehrte dem Musikbusiness den Rücken zu.

Donnerstag, 16. Juli 2020

# 114 - "Compared to what?" - Stefanie (1972)

Abschließend (für heute) gibt es dann doch noch etwas Musikalisches made in Austria. Eine der - meiner Meinung nach - stärksten Stimmen, die unser Land zu bieten hatte.



STEFANIE
Compared to what? (M & T: Gene McDaniels)

1973, Atom, LP "Canned Hits"


Eine österreichische Sängerin namens Stefanie? Nein. Achso, warte, "Jössas, die Werger"! - nein, die ist es nicht. So geht es vielen Menschen, wenn sie das erste Mal den Namen Stefanie hören. Dabei ist sie definitiv eine der stimmstärksten Sängerinnen Österreichs.
1949 als Stefanie Vyhnak geboren, wird ihr Potential bereits früh erkannt und gefördert. Im Dezember 1967 schloss sie sich der vierköpfigen Damenband "Soul Magics" an und lieh - bis zur Auflösung im Frühjahr 1969 - als "Claudia" vielen Songs ihre unvergleichliche Stimme. Im Anschluss daran ging sie für zwei Jahre nach Amerika, wo sie als Serviererin und Sängerin arbeitete, kehrte aber Ende 1971 wieder nach Österreich zurück.

In Österreich angekommen, wird Erich Kleinschuster auf sie aufmerksam und nimmt - gemeinsam mit der ORF-Big-Band - den Titel "Compard to what" mit ihr auf. In dieser Zeit arbeitet sie auch mit Gipsy Love, Art Farmer und den Madcaps zusammen, letztere begleitete sie auch auf einer Westösterreich-Tournee. Es folgen Engagements als Studiosängerin (u. a. für André Heller), ehe im Frühjahr 1972 ihre erste Single "Lies for Sale" auf den Markt kommt.
Im selben Jahr nimmt sie an dem von ORF und Ö3 initiierten Talentwettbewerb "Show-Chance" teil, den sie mit ihrer Eigenkomposition "Ich such' die Wahrheit" für sich entscheiden kann. Stefanie bleibt bis Mitte der 80er-Jahre musikalisch in Österreich und Deutschland aktiv. Trotz 11 Single-Produktionen in drei Sprachen fehlte der große Hit. Sie sang bei Festivals, im Studio für Jingles und Werbung und hatte einige Fernsehauftritte. Zudem nahm sie Schauspielunterricht an der renommierten Schauspielschule Kraus und stand auch auf den legendären Brettern, die die Welt bedeuten und träumte von der großen Karriere. So war sie z. B. in "Der Bürger als Edelmann" (Burgtheater, 1973), "Candide" (Burgtheater, 1976), "Cyrano de Bergerac" (Volkstheater), "Mayflower" (Theater an der Wien, 1977) und "Valerie" (Wiener Festwochen, 1985).

Der Traum der großen Karriere erfüllte sich letztlich nicht. An wem oder war es tatsächlich scheiterte, lässt sich heute nicht mehr feststellen. War es vielleicht ihre Vielseitigkeit? Doch viele Aufnahmen musste sie - gegen ihren Willen - machen. Da wurden deutlich "hit-verdächtigere" Eigenproduktionen von ihr fallen gelassen, um ein seichtes Schlagerchen zu produzieren. Zweifellos ist es aber eine Schande, dass Stefanie und ihre unvergleichbare Stimme irgendwann vergessen wurden. Wer weiß, was noch alles aus ihr geworden wäre, hätten sich viele Dinge anders ergeben!

Stefanie verlässt die Bühnen und ändert ihr Leben. Sie wechselt den Gitarrengriff, gegen das Steuer. Mehr als 20 Jahre lang war Stefanie Straßenbahnfahrerin bei den Wiener Linien. Ein Job, der ihr viel Freude bereitete - bis eine schwere Krebserkrankung sie daran hinderte, ihren Job weiter auszuüben.

"Liebe zu Musik ist gleichzeitig auch die Liebe zu Menschen. Beim Singen bin ich immer glücklich. Was nützt mir Geld, wenn ich kein Gefühl habe?", sagt Stefanie in einem Gespräch mit mir, ein halbes Jahr vor ihrem viel zu frühen Tod im Januar 2013.

Ich hoffe, dass dieses Video hilft, dass Stefanie - bei einem Auftritt in der legendären Musiksendung "Spotlight" von Peter Rapp - wieder in Erinnerung gerufen wird!




Habt einen schönen Nachmittag und genießt ein bisschen Jazz, Funk und Soul made in Austria!

# 113 - "Che la ke day" - Jasmin (1973)

Nach der zuvor geposteten Tristesse brauchen wir nun ein wenig Ablenkung der positiven Art. Mit ein bisschen Südsee-anmutender Leichtigkeit stellt sich die Schweizerin Jasmin mit ihrer zweiten Single dem deutschen Publikum vor.



JASMIN
A: Che la ke day [Shay-Laka-Day - Rising Sons] (M: Harold Robertson & Paul Sugarman / dt. T: Walter Zylka = Ralph Siegel)
B: Requieum für eine Liebe (M: Ralph Siegel / T: Kurt Hertha)

1973, Bellaphon, BL 11 239
produziert von Jane Peterer & Ralph Siegel



Jasmin wurde 1950 in Zürich als Gabi Gyr geboren, wo sie vor dem Start ihrer Gesangskarriere auch als Schauspielerin arbeitete. Sie sang in verschiedenen Bands "The Fools" 1968-69, "The new Earls" 1969-70 und "Jazz Rock Experience" 1970), bevor sie einen Solistenplattenvertrag erhielt. Zwischen 1972 und 1973 veröffentlichte sie bei Bellaphon drei Singles in deutscher Sprache, von der ihre Debütsingle "Der Puppenspieler von Mexico" (im Original von Tom Jones, wurde auf deutsch auch von Roberto Blanco gecovert) ihr größter Erfolg war. Nach ihrer letzten Single ("So allein wie der Wind") war sie bei vielen Projekten als Gastsängerin tätig, so z. B. bei Che & Ray, John Brack, der Steve Ray Band oder Phil Carmen. In den 80er-Jahren hatte sie zahlreiche Auftritte mit Jo Geilo & The Heartbreakers. In den 90er-Jahren konzentrierte sie sich auf R&B und bildete ab 1999 mit Beni Müller ein Duo. Leider gibt es kaum aktuelle Informationen über sie.



Che la ke day
O la la
Lo la le la
Che la ke day
O la la

Lo la ley

Che la ke day
O la la
Lo la le la
Ch la ke day
O la la

Lo la ley

Ein alter Mann, der mein Freund ist seit vielen Jahren
Hat mir erzählt, dass er auf einer Insel war
Die Menschen lebten dort zufrieden und immer glücklich
Und dieses Lied sang ein jeder das ganze Jahr

Refrain

Jeden Abend, da trafen sich alle Leute
Und dann wurde ein Feuer der Freude gemacht
Alle tanzten und sangen bis früh in den Morgen
Und das Lied, das ich singe, klang durch die Nacht

Refrain



Das Original dieses Titels stammt übrigens von der, in Europa relativ unbekannten, 1966 gegründeten südafrikanischen Gruppe "Rising Sons".



Was genau "Shay-Laka-Day" bzw. "Che la ke day" bedeuten, bleiben uns sowohl die südafrikanische Gruppe als auch Ralph Siegel schuldig. Vermutlich ist es aber nicht so bahnbrechend, dass man auch ohne diese Information ganz gut weiterleben kann.



Das Jasmin aka Gaby Gyr aber eine äußerst talentierte Blues- und Soulsängerin ist, beweist uns definitiv ihre Mitwirkung bei Jo Geilo. Hier empfehle ich vor allem den Song "Rainbow" von 1986.



Was immer Gaby Gyr heute macht, ich hoffe, sie hat immer noch so viel Power und Soul in ihrer Stimme! Wünsche euch einen schönen Nachmittag! :)

# 112 - "Was ist das Ziel?" - Alexandra (1968)

Gut. Ich habe meinen Vorsatz meine liebsten Songs made in Austria zu posten, gerade wieder verworfen, da mir gerade dieses Lied wieder unter kam.



ALEXANDRA
A: Sehnsucht (M: Rudi Bauer / T: Fred Weyrich)
B: Was ist das Ziel? [Les Ballons roughes - Serge Lama] (M: Serge Lama / dt. T: Fred Weyrich)

1968, Philips, 384 504 PF
produziert von Fred Weyrich



Alexandra wurde 1942 in Heydekrug als Doris Treitz geboren. Nach der Evakuierung des Memellandes 1944 und anschließender Flucht vor der Roten Armee kam ihre Familie zunächst nach Sachsen und anschließend nach Kiel, wo sie die Volksschule und das Gymnasium besucht. Sie lernte die Gitarre und Klavier und begann früh eigene Lieder und Gedichte zu schreiben. Zwei Jahre vor dem Abitur brach sie die Schule ab, um Modedesignerin zu werden. Sie begann ein Grafikstudium und schlug sich mit mehreren Gelegenheitsjobs über Wasser. 1961 zog sie mit ihrer (inzwischen geschiedenen) Mutter und einer Schwester nach Hamburg, wo sie die Meisterschule für Mode besuchte. 1962 nahm sie an der Miss-Germany-Wahl teil und belegte Platz neun. In Hamburg lernte sie auch ihren späteren Ehemann, den Russen Nikolai Nefedov (1912-1989), kennen, der bei ihnen zur Untermiete wurde. Im Juni 1963 wird ihr gemeinsamer Sohn Alexander geboren. Die Pläne, gemeinsam nach Amerika auszuwandern, werden verworfen, nachdem die Ehe scheitert.
Alexandra versuchte, ihr Studium zu beenden und arbeitete nebenbei als Zeichnerin. Nach dem Abschluss der Schauspielschule erhielt sie ein Engagement an einem Theater in Neumünster und nahm Gesangsunterricht. Produzent Fred Weyrich wurde schließlich auf die Folklore-Sängerin mit der tiefen Stimme aufmerksam und gemeinsam mit Manager Hans R. Beierlein wurde versucht, Alexandra zum Star aufzubauen und ihr ein Image zu geben, dass bisher am deutschen Schlagermarkt noch nicht verbreitet war: Russland.
1967 gab sie ihr Schallplattendebüt - nicht mit einer Single, wie sonst üblich, sondern mit einem ganzen Album: "Premiere mit Alexandra". Die ausgekoppelte Single "Zigeunerjunge" erreichte #22 der deutschen Charts. Ihr größter Hit wurde "Sehnsucht" (#12), ein Titel, der ihr selbst überhaupt nicht gefiel. Bereits nach kurzer Zeit hatte die vielseitige Künstlerin, die auch selbst komponierte und textete, genug auf slawisch-folkloristische Schlager reduziert zu werden. Sie suchte Kontakt zu französischen Chansonnieres wie Salvatore Adamo und Gilbert Bécaud und übertrug einige ihrer Titel in deutsche Sprache. Eine enge Freundschaft entstand mit Udo Jürgens, die gemeinsam 1968 den Titel "Illusionen" (#38) herausbrachten. Anfang 1969 zog Alexandra nach München und verlobte sich mit Pierre Lafaire.

Am 31. Juli 1969 fuhr Alexandra mit ihrem Sohn und ihrer Mutter von Hamburg Richtung Sylt in den lange geplanten Urlaub. Beim Überqueren einer Kreuzung in Tellingstedt kollidiert ihr Fahrzeug mit einem Lastwagen. Das Fahrzeug wurde schwer beschädigt, Alexandra starb 27jährig noch am Unfallort, ihre Mutter wenig später im Krankenhaus. Der auf der Rückbank schlafende sechsjährige Alexander wurde nur leicht verletzt.

Neben den bereits erwähnten zählen zu ihren bekanntesten Titeln "Erstes Morgenrot", "Aus", "Mein Freund der Baum", "Der Traum vom Fliegen" oder "Schwarze Balalaika".


Nun zum heutigen Song:

Es ist November und der Regen
Kriecht durch die Kleider auf die Haut
Ich geh' alleine auf den Wegen
Die mir vom Sommer her vertraut

Wem wohl die kalten Tage nützen
Was gestern lebte, ist heut' taub
Und in den schmutzig grauen Pfützen
Ertränkt der Bäume welkes Laub

Was ist das Ziel in diesem Spiel
Das der Natur seit je gefiel?

An ein paar Zweigen hängen Blätter
Die heute Nacht der Wind vergaß
Den Pavillon versperren Bretter
Wo manches Liebespärchen saß

Sogar die Nester in den Bäumen
Sind ohne Leben ohne Sinn

Und mir alleine bleibt das träumen
Weil ich ein Mensch mit Träumen bin

Was ist das Ziel in diesem Spiel
Das der Natur seit je gefiel?

Ich bin auf einmal so alleine
Wo ist das Glück, das hier begann?
Die kahlen Bäume und die Steine
Die schau'n mich durch den Regen an

Ich suche oben in den Sternen
Ein wenig Trost für mein Geschick
Doch der, der Trost sucht, sollte lernen
Er ist vergänglich wie das Glück

Was ist das Ziel in diesem Spiel
Das der Natur seit je gefiel?

Doch aus Verzweiflung wächst das Hoffen
Das uns die Kraft zum Atmen schenkt
Zwar bleiben viele Wünsche offen
Weil irgendwer das Schicksal lenkt

Solange hier bei uns auf Erden
Man einen Hauch von Leben spürt
Sorgt dieses Schicksal für das Werden
Und gibt das Glück, dem Glück gebührt

Das ist das Ziel in diesem Spiel

Das der Natur seit je gefiel



Zum Vergleich das Original von Serge Lama



Und hier die absolut sehenswerte Dokumentation "Alexandra - Die Legende einer Sängerin" von Marc Boettcher aus dem Jahr 1999.

Um Alexandras Tod ranken sich zahlreiche Mythen. Drohungen, Vorahnungen und dubiose Vorfälle. Alexandra verfasste vor ihrem Urlaub noch kurzerhand ein Testament und kaufte ein Doppelgrab. War es ein tragischer Unfall, Selbstmord oder Mord? Wieso fuhr Alexandras neuer Wagen ungebremst über die Kreuzung? Nach ihrem Tod wurde in ihre Wohnung eingebrochen und verschiedene Dinge verschwanden. Wieso gab es einen versuchten Einbruch in die Leichenhalle? Zudem kam vor einigen Jahren ans Tageslicht, dass ihr Verlobter Pierre Lafaire nicht nur Bigamist, sondern auch US-Geheimagent war. Diesen dubiosen und zum Teil rätselhaften Dingen geht Marc Boettcher in seiner Dokumentation auf dem Grund.



Viele Rätsel ranken sich um das kurze Leben der Sängerin Alexandra, die mit ihrer einzigartigen Stimme einen großen Platz im deutschen Musikgeschäft einnimmt. Wie wäre ihr Leben weitergegangen, was wäre aus ihr geworden? Würde man ihren Namen heute noch kennen, wenn sie nicht so früh verstorben wäre?
Alexandras Titel sind meist mit dunkler Melancholie und russischer Folklore verknüpft, das musikalische Erbe ihrer weniger als drei Jahre andauernden Karriere ist aber um einiges umfangreicher. Vor allem ihre selbst geschriebenen Titel zeigen, um was für eine talentierte, intellektuelle und feinfühlige Sängerin es sich bei ihr gehandelt haben muss. Das Lied "Was ist das Ziel?", im Original von Serge Lama, beweist (im Vergleich mit dem Original), was Alexandra für eine begnadete Interpretin war und wie sie es schafft, jedes Lied zu ihrem eigenen zu machen. Ihre Lieder klingen nie beliebig, sie hat etwas zu sagen. Und auch wenn das vorliegende Lied alles andere als lebensbejahend den Laufe des Jahres (im Speziellen den Herbst) zum Thema hat, merkt man doch, wie es - auch durch das ansteigende und immer gewaltiger werdende Arrangement - ihr ein Anliegen ist, ihre Gedanken zum Ausdruck zu bringen.

Für mich ist und bleibt Alexandra immer erste Wahl - auch abseits trister Novembermonate ;)

# 111 - "Please me" - Michael Millner (1975)

Ja, ich poste leider momentan nur noch sehr unregelmäßig. Dennoch versuche ich weiterhin diesen Blog am Leben zu erhalten und hoffe, dass ihr mir trotzdem - auch über längere Phasen - treu bleibt.

Weiter geht es mit einem kleinen Special, nämlich Lieblingssongs (made in Austria) von mir!



MICHAEL MILLNER
A: Please me (M & T: Michael Millner)
B: It's all over (M & T: Michael Millner)

1975, Atom, 238.063
produziert von Peter Müller



Der 1948 in Heiligenkreuz geborene Michael Millner beteiligte sich als Jugendlicher bereits an Jazzmessen. Sein Kompositionsstudium führte ihn nach Graz und neben seinen umfassenden Künsten als Pianist, trat er bereits früh als Komponist und Arrangeur in Erscheinung, während die meisten Bands "nur" Coverversionen spielten. 
Als Mitglied von "Music Machine" (1969-1971 - mit Boris Bukowski und Helmut "Schiffkowitz" Röhrling), "Turning Point" (um 1974 - mit Alex Rehak) und später als Gastmusiker bei "STS", spielte er nicht nur Piano, sondern komponierte und arrangierte auch für die jeweiligen Formationen. Seine einzige Soloarbeit erschien 1975.
In den 80er- und 90er-Jahren zog er sich aus der vorderen Reihe des Musikgeschehens zurück und wirkte u. a. als Produzent der Gruppe "Magic", betrieb ein Studio und ging vor allem in seinem Beruf als Facharzt für Kinderpsychiatrie auf. Ab 1986 war er Oberarzt an der Kinderklinik des LKH Graz, unterrichtete ab 1993 an der Universität und war ab 2000 Leiter der von ihm mitbegründeten gemeinsamen Einrichtung für Neuropsychiatrie des Kindes- und Jugendalters zwischen den Universitätskliniken für Neurologie, Psychiatrie sowie Kinder- und Jugendheilkunde in Graz. Michael Millner verstarb 2002 an Krebs.

Von ihm geschriebene Titel waren beispielsweise "Go, go, go" (Wilfried, 1974), "I'm a Playboy" (Turning Point, 1974), "Sorry Jane" (Waterloo & Robinson, 1978), "Es wird heller" (EAV, 1983) und "Die Liebe" (STS, 2003 erstveröffentlicht).

Für die Band "Magic", der u. a. auch Boris "Kokain" Bukowski angehörte und die er zeitweise auch produzierte, schrieb er beispielsweise "Baby 100 Volt" (1977), "Hey Jockey" (1978), "Liza" (1980), "Nessie" (1977), "Sag' bitte 'Ja'" (1977), "Schlagertyp" (1977), "Und es wird herrlich sein" (1978) sowie "Wenn du weißt, was ich meine" (1977).


Yes, it was only pride
To have a lonely night
It's over since I know
Your Love will never grow

I wanna live tonight
Without my lonely pride
And all the silence I feel
It's not a dream, it's reel

So come on please me
Only for breaking my golden pride
And than leave me never
I need to come back to you

Yes, I was playin' around
Came really on the ground
I saw a light, that's true
Yes, the face were you

I wanna live tonight
Without my lonely pride

Refrain


Wiederholung





Ich kann nicht genau beschreiben, was mir an dem Song so gut gefällt. Ich glaube es ist die Mischung aus lyrischer Melancholie, Millners sanfter Stimme und dem guten Arrangement. Die Sehnsucht nach gemeinsamer Zeit ist gerade in diesen Zeiten oft stärker als sonst. Zu viel Zeit, um über begangene Fehler nachzudenken, das Bedürfnis zu entwickeln, Geschehenes ungeschehen zu machen und die Zeit am liebsten zurückzudrehen, an den Anfang, als noch alles möglich war. Und dann kommt natürlich noch der eigene Stolz dazu. Und man möchte einfach nur wieder zufrieden und glücklich sein.

Donnerstag, 9. Juli 2020

# 110 - "Unsere Katze" - Viola (1979)

Durch die letzten Beiträge haben wir etwas gelernt: Ja, es gibt viele schreckliche Songs. Und ja, von Kindern gesungene Titel haben häufig Hunde, Datteln bzw. patrichale Berufsgruppen sowie Musikinstrumente zum Inhalt. Mit dem vorliegenden Titel geht es allerdings auch wieder eher tierisch los.



VIOLA
A: Unsere Katze (M: Alexander Gordan, Virginia de Lupa & Ronald Sekura = Konrad Wolf / T: Alexander Gordan & Konrad Wolf)
B: Der liebe Gott hat uns das Leben nur einmal geschenkt (M & T: Alexander Gordan, Virginia de Lupa & Konrad Wolf)

Juli 1979, Hansa, 100-910-100

Viola ist die Tochter von Komponist und Texter Alexander Gordan alias Joachim Gorony (1926-2008), der in den 50er- und 60er-Jahren auch selbst als Sänger tätig war. Erfolgreiche Titel, die unter seiner Mitwirkung entstanden, waren "Speedy Gonzalez" (Rex Gildo, 1962), "Der Boy ist gekommen" (Dorthe, 1964), "Irgendwann, irgendwo" (Reinhard Mey, 1968), "Komm an meine grüne Seite" (Renate & Werner Leismann, 1969), "Ich mach' ein Interview mit deinem Herzen" (Graham Bonney, 1970), "Letzte Rose" (Manuela, 1973) oder "Madeleine" (Bernhard Brink, 1979).
Ab Mitte der 70er-Jahre schrieb und veröffentlichte er unter dem Pseudonym "Detlev" homoerotische-frivole Titel, wie beispielsweise: "So schwul kann doch kein Mann sein" (So schön kann doch kein Mann sein, 1975), "Kerls, Kerls, Kerls" (Girls, Girls, Girls, 1976), "Oh Theo" (Oh Susie, 1977), "F.K.K." (Dschingis Khan, 1979) oder "Ich bin so warm wie du" (Ich wär' so gern wie du, 1980).

Viola wurde um 1970 in Berlin geboren und besuchte ab ihrem sechsten Lebensjahr die Yamaha-Musikschule, spielt Klavier und gewann 1978 einen Preis beim "Kinder-Kompositionswettbewerb". Zu ihren Hobbys zählen lesen, schwimmen und Rad fahren.

Miau
Uns're Katze, uns're Katze
Ist der Liebling der Familie
Dabei hat'se, dabei hat'se
Keinen Stammbaum und heißt Ottilie

Uns're Katze, uns're Katze
Wird verwöhnt von groß und klein
Ohne Katze, ohne Katze
Kann die Familie nicht mehr sein

Schon ganz früh am Morgen holt sie alle aus dem Bett
Pünktlich wird das Frühstück ihr serviert
Sie kriegt nur das Allerfeinste, sonst wird sie zu fett
Steak zum Beispiel mit 'nem Ei garniert
Oder Tatar, das ist doch klar
Und wir steh'n mit 'nem Eintopf da

Refrain

Neulich zum Geburtstag hat sie uns ganz schön blamiert
Uns're Oma war direkt gekränkt
Erst hat sie die Torten in der Küche ausprobiert
Und dann den Schwanz ins Bowlenglas gehängt
Lässt man sie mal zu lang allein
Kann sie ganz schön beleidigt sein

Refrain



Alle Katzenfreunde können jetzt froh sein, dass ich nicht "Best of Pussycat" in der Endlosschleife eingelegt habe. Das ist ein Leben. So denkt sich auch Ottilie, die sich ganz heimtückisch in die Familie geschlichen hat, um sich dort nach Strich und Faden verwöhnen zu lassen. Aber sie hat die Familie ganz gut im Griff - da braucht man sich nur den Speiseplan genauer anzuschauen. Ob Ottilie von Steaks und Tartar aber nicht doch vielleicht ein bisschen zu fett wird? Immerhin scheint sie ja auch vor Geburtstagskuchen nicht Halt zu machen. 40 Jahre später müssen wir ihr aber nicht mehr gram sein - die natürliche Selektion hat vermutlich bereits für uns gearbeitet. Nein, natürlich nicht im Fall von Viola! Sondern der egoistischen, "Menschen versklavenden" Katze Ottilie.

# 109 - "Daddy's Dattelmonopol" - Sina (1983)

Und hier kommt ein weiterer zweifelhafter "Hit" aus dem Bereich minderjähriger Jugendsünden!



SINA
A: Robin Hood (M & T: Volker Burkhardt, Andreas Simon & Bernd Simon)
B: Daddy's Dattemonopol (M & T: Andreas & Bernd Simon)

1983, Jupiter Records
produziert von Andreas & Bernd Simon


Der 1943 geborene Volker Burkhardt, der an der A-Seite mitarbeitete, war übrigens in den 70er-Jahren unter dem Künstlernamen "Mark Ellis" als Schlagersänger tätig, ehe er sich (wieder) intensiver mit der Juristerei auseinandersetze.
Die Brüder Andreas (* 1945) und Bernd Simon (1946-2017) verbindet eine tiefe musikalische Prägung. Ihr Vater Hans-Arno Simon (1920-1989) feierte vor allem in den 50er-Jahren große Erfolge (u. a. mit "Anneliese"). Auch ihre Schwestern Angelika (alias "Pat", * 1949) und Bettina (* 1951) waren in den 60er- und 70er-Jahren im Musikbusiness tätig.
Bernd Simon produzierte auch deutsche Aufnahmen mit Agnetha Faltskög (vor ihrer ABBA-Weltkarriere) und Danyel Gérard. In den 70er-Jahren auch unter dem Pseudonym "Simon Butterfly" tätig und landete 1973 mit "Rain, Rain, Rain" eine Chart-Notierung (#20). Bekannter wurde seine Stimme aber ab 1991 (bis zu seinem Tod) als Synchronsprecher von Barkeeper Moe Szyslak bei den "Simpsons".

Sina Selensky wurde in Hamburg geboren und begann bereits im Alter von fünf Jahren mit dem Kunstturnen. Als 6-Jährige wurde sie Schülerin der John-Neumeier-Ballettschule der Hamburger Staatsoper. 1983 erhält sie einen Schallplattenvertrag bei Jupiter Records, der Plattenfirma von Ralph Siegel, und "Daddy's Dattelmonopol" wird für den deutschen Beitrag zum Grand Prix d'Eurovision vorgeschlagen, erreicht aber nicht das Finale. In weiterer Folge tritt sie als Schauspielerin auf (z. B. in "Ehen vor Gericht"), wird Frank Zanders Co-Moderatorin in der ARD-Sendung "Spielbude" und veröffentlicht noch weitere Schallplatten, u. a. "Dort am Nil", "Mein Pudel ist verrückt nach Rock'n'Roll", "Wie ein Blitz" oder "Immer nur du".
Ab 1993 war sie als Schauspielerin und Musicaldarstellerin, seit 1998 vordergründig als Autorin, Regisseurin und Produzenten von Tourneetheaterproduktionen tätig. Seit einigen Jahren tritt sie als Inhaberin bzw. Geschäftsführerin von Showproduktionen in Erscheinung.

Nun zum Song:

Daddy ist nicht oft zu Haus
Denn die Pflicht ruft ihn hinaus
Wo die Südseeinseln liegen


Aber neulich ließ er mich

Auf die Reise geh'n mit sich
Und nach Tiritonga fliegen

Und als wir am Ziel eintrafen
Stürzten sich auf mich und ihn die Fotografen

Denn mein Daddy hat das Dattelmonopol
Dattelmonopol auf Tiritonga
Darum fühlt er sich im Dattelwald so wohl
Beim süßen Didel-Dudel-Dattel-Wein

Ja, mein Daddy hat das Dattelmonopol
Dattelmonopol auf Tiritonga
Darum fühlt er sich im Dattelwald so wohl
Und schläft oft unter Dattelpalmen ein

Meine Freundin Susi schwört
Dass sie keinen so verehrt
Wie den Rolling Stone Mick Jagger

Einen tollen Supermann

Betet die Sabine an
Ihren Arnold Schwarzenegger

Doch wenn sie mich nach meinem Liebling fragen
Kann ich immer wieder nur das eine sagen

Refrain


Auch schöne Blumen liebt mein Daddy sehr
Aber Datteln mag er tausendmal noch mehr

Refrain



Puh ... ich hab echt schon einiges gehört, aber dieser Song, den ich von der Komposition irgendwo zwischen "Oben ohne" von Rainhard Fendrich und "Alle Vöglein sind schon da" einordnen würde, macht selbst mich sprachlos. Wie jemand ernsthaft auf die Idee kommen könnte, dass man mit diesem Song auch nur ansatzweise Chancen beim Eurovision Song Contest haben könnte, erschließt sich mir wirklich in keiner Weise. Mary Roos hat dann mit "Aufrecht geh'n" eine deutlich bessere Figur gemacht.
Problem Nr. 1 wäre ja schon, dass Tiritonga (gibt es diesen Ort überhaupt????) nicht zu Europa gehört und daher leider nicht stimmberechtigt wäre. Zudem verfügen die meisten Dattelbauern in der Südsee vermutlich nicht über empfangsbereite Geräte.
In diesem Fall wäre es vermutlich sinnvoller gewesen, die Pippi-Langstrumpf-Singers feat. Annika und Tommy mit einer Laudatio auf "Tacka-Tucka-Land" (das liegt vermutlich direkt hinter Tiritonga) an den Start zu schicken. Nett ist aber, dass immerhin Mick Jagger und Arnold Schwarzenegger erwähnt werden, wenn sie auch nicht mit dem mondänen Leben von Sinas Vater mithalten können. "Daddy's Dattelmonopol" ist übrigens eine äußerst formschöne Alliteration - und damit leider der einzige Teil dieses Songs, der mein Germanistenherz zum Höherschlagen bringt. Didel-Dudel-Dattel-Dilemma!