Samstag, 5. Dezember 2020

# 138 - "Brötchen und Milch" - The Four Kings (1966)

Ist es nicht herrlich, wenn man am Wochenende die herrliche Möglichkeit hat, einfach ausschlafen zu können - so lange, wie man will und lustig ist? Ach, Sie können immer ausschlafen? Achso ja ... Home-Office, Lockdown. Wie konnte ich darauf vergessen? Vermutlich deswegen, weil er mir - im Vergleich zum März - in der Großstadt kaum auffällt. Die paar Mal die ich mich in den letzten Tagen aus dem Haus gewagt habe, erlebte ich überraschend gut gefüllte Straßen und auch in den Supermärkten und auf der Post war bewegtes Treiben. Spannend. Dicht gedrängtes Treiben während in den Theatern, wo man wahnsinnig gut kontrollieren kann, wer, wann und vor allem wo sitzt, der Vorhang immer noch unten bleiben muss. Hoffen wir, dass das im Januar wieder etwas anders aussieht.


THE FOUR KINGS

A: Immer wenn der Mond scheint ([I can't go on living, Baby, without you - Nino Tempo & April Stevens] (M: Jerry Riopelle & Nino Topo / dt. T: Tobby Lüth)
B: Brötchen und Milch [No Milke today - Herman's Hermits] (M: Graham Gouldman / dt. T: Carl-Heinz Dieter)

1966, Metronome, M 916

Die Four Kings waren eine deutsche (wie der Name bereits verspricht) vierköpfige Band. Die Gruppe veröffentlichte bis Mitte der 70er-Jahre auf verschiedenen Labels. Klingende Titel von ihnen waren z. B. "Come on, Marianne", "Mit dir allein", "So wie ich dich liebe", "Mädchen, komm mit mir heut' Nacht", "Mein Glück liegt in Bad Zwischenahn" und "Kleine Sonja". Meinen Recherchen zufolge waren sie die Begleitband von Peter Orloff, der sie auch ab 1971 produzierte.


Brötchen und Milch
Die steh'n vor meiner Tür
Seit Tagen vor der Tür
Denn sie ist nicht mehr hier

Brötchen und Milch
Ein jeder kann sie seh'n
Doch die vorüber geh'n
Sie können's nicht versteh'n

Hinter der Tür lag unser Märchenland
Ich hatte sie zur Prinzessin dort ernannt
Hinter der Tür lag unser Paradies
Jetzt ist es nur ein düsteres Verlies

Brötchen und Milch
Die steh'n vor meiner Tür
Seit Tagen vor der Tür
Denn sie ist nicht mehr hier


Das alte Haus hat nun seinen Glanz verloren
Es war ein Schloss als wir uns dort noch geküsst
Nun ist es leer hinter seinen alten Toren
Weil sie gegangen ist

Brötchen und Milch
Die jeder stehen sieht
Die sind das End' vom Lied
Von unser'm Liebeslied

Keine Musik
Kein Lachen mehr, kein Gruß
Nie mehr von ihr ein Kuss
Damit ist es nun Schluss

Wiederholung




Das englische Original "No Milk today", das ursprünglich für The Hollies geplant war, brachte Herman's Hemits 1966 einen ziemlichen Hit (#1 AT, #2 DE, #7 UK und #35 USA). Songwriter Graham Gouldman (* 1946) bekam die Idee zum Text, als er gemeinsam mit seinem Vater einen Freund besuchte, an dessen Tür ein Schild mit dem Hinweis "No Milk today" angebracht war. Gouldmans Vater erklärte, dass es dafür verschiedene Gründe geben könnte. Gouldman schrieb eine Geschichte um eine zerbrochene Liebesbeziehung. Damals war es noch üblich, dass Milchmänner täglich die frische Milch vor die Tür stellten. Verringerte sich die Anzahl der im Haushalt lebenden Personen (Von glücklicher Beziehung zu tragischem Single-Dasein), dann benötigt die Person heute leider keine Milch.

Die deutsche Coverversion versucht sich zumindest stellenweise am englischen Original zu orientieren, es hakt doch immer wieder an einigen Ecken und Enden. 
Das erste Rätsel ist bereits, woher die Brötchen stammen, die mitsamt der Milch vor der Tür gelandet sind. Ist unser Hauptprotagonist aufgrund der Entliebung nun auch in den Hungerstreik gegangen? Er könnte ja zumindest noch Enten im Park damit füttern. Die finden frische Sonntagsbrötchen sicher auch g'schmackiger, als das steinharte Uraltbrot, mit dem sie immer von Oma Gisela beworfen werden.

Okay. Ich nehme alles zurück: Denn bereits in der dritten Zeile wird klar, dass diese Utensilien bereits seit Tagen vor der Tür stehen. Bei den aktuellen Temperaturen muss er die Brötchen nur frisch aufbacken, die sind nämlich vermutlich tiefgekühlt. Milcheis? Ist ja durchaus bei manchen Menschen beliebt ...
"Doch die vorüber geh'n, sie können's nicht versteh'n" - Tja. Wer kann es ihnen auch verübeln? Du hast ja keinen Zettel an die Tür gehängt oder wenigstens eine gute Tat vollbracht, in dem du eine obdachlose Person damit gelabt hast. Mit ranziger Milch und steinharten Brötchen kommt man dem Paradies nicht unbedingt näher - nur mal so als kleiner Hinweis in Bezug auf das Karma-Konto.

Okay. Im Märchenland war's schön! Aber die Prinzessin ist jetzt scheinbar aus dem Paradies entflohen. Hat sie sich inzwischen als böse Hexe herausgestellt und ist mit dem nächstbesten dahergelaufenen Prinzen über die sieben Berge abgezischt? Oder hat sich um sie bereits eine unkrautartige Dornenhecke gebildet, weil schon länger niemand - so ganz zwischenmenschlich - vorbeigeschaut hat? 
Tja. Die Frage: "Wer hat heut' Nacht in meinem Bettchen geschlafen?" braucht man sich ja nun nicht mehr zu stellen. 
"Das alte Haus hat nun seinen Glanz verloren" - ach ja, das klingt ja ziemlich nach Aschenputtel-Effekt. War die große Liebe vielleicht doch eher eine Umschreibung dafür, sich die Kosten für eine adäquate Putzfee zu sparen?

Du könntest die alten Brotkrumen ja auch nehmen, um sie zu streuen .. vielleicht kommt ja so eine neue "Prinzessin" in deinen Haushalt? Oder zumindest ein paar Tauben ... ruckedigu, ruckedigu, Blut ist im Schuh! ... naja, der Spatz in der Hand wär' mir lieber.



Da es von den Four Kings kein bewegtes Bildmaterial gibt, hier für euch das Original von Herman's Hermits. Habt ein erholsames zweites Adventwochenende!

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