Donnerstag, 26. November 2020

# 129 - "I bin am Sand" - Heinrich Walcher (1973)

Zuallererst: Nein, bitte! Macht euch keine Sorgen über mich. Alles ist gut. Ja, wirklich. Nein, nicht so, wie wenn Frauen das sagen, dann ist nämlich gar nichts gut. (Diese wichtige Lektion können sich alle mitlesenden männlichen Leser bitte gleich merken! Ha, ihr Frauen, da schaut ihr! Ich habe euch durchschaut!) Bei mir passt aber wirklich alles. Ja, ehrlich. Ihr könnt mir glauben. 



























... Ja, wirklich!












... ich schwöre!











Gut. Ihr habt sicher schon einmal die Geschichte gehört, dass Inuits rund 100 verschiedene Wörter für Schnee haben. Das ist leider falsch, wie man inzwischen vielerorts nachlesen kann. Allerdings haben die Österreicher ungefähr 100 verschiedene Ausdrücke, um mitzuteilen, dass grad nicht alles in Ordnung ist. Von "Oasch" bis "I bin am Sand". Da einem gerade im November immer eine herrlich-morbide Tristesse um die Ohren fliegt, freut sich das österreichische Herz ein bisschen über ein paar dunkle Töne. Zudem braucht man diese Tiefpunkte, damit man sich bald wieder "richtig leiwand" fühlen kann. Für alle Neo-Österreicher: "am Sand sein" ist auch eine ziemlich perfekte Umschreibung für die Katerstimmung nach einem ordentlichen Besäufnis (vgl. "Gemma auf ans?" optional auch durch vorherige Festlegung eines bestimmten alkoholhaltigen Getränks, z. B. Bier oder Spritzer).



HEINRICH WALCHER

I bin am Sand (M & T: Heinrich Walcher)

1973, Amadeo, aus der LP "Ich male meine Welt"


Der 1947 in Wien geborene Heinrich Walcher beendete 1972 sein Malerei-Studium an der "Angewandten" als Jahrgangsbester. Die "Wiener Schule des Phantastischen Realismus", der auch sein Professor Wolfgang Hutter (1928-2014) angehörte, prägte seinen anfänglichen Kunststil.
Parallel dazu startete er auch eine Karriere als Sänger. Mit dem "Gummi-Zwerg" belegte er 1972 nicht nur den zweiten Platz beim Finale der "Show-Chance", einer österreichweiten Casting-Show, die von ORF und Ö3 initiiert wurde, sondern landete auch gleich mit seiner ersten Veröffentlichung einen Hit in Österreich. Trotz zahlreicher erfolgreicher Veröffentlichungen blieb die bildende Kunst immer sein Steckenpferd. 1977 zog er auf einen Bergbauernhof und widmete sich voll und ganz der Malerei. Seit 1999 lebt er wieder in Wien und Niederösterreich. Er ist nach wie vor musikalisch tätig.
Weitere bekanntere Titel von ihm sind "Luise", "Mimi", "Du bist der Anfang von mein End", "Rosemarie" oder "Erdbeer, Zitrone und Haselnuss".



Er is am Sand
Er is am Sand

Heit' steht vur mei'm Fenster
Da Nebel, i moch's gor net auf
I tram von lauta G'spensta
Und woch noch long net auf
Sie druck'n mi an'd Wond
Obe bis am Rand
I bin am Sand
Er is am Snad
I bin am Sand
Er is am Sand
Er is am Sand

Und mei Söl, de draht sich
Wia a Ringlgspül
I steh auf, donn platz' i
Vur mein Spiagl fürcht' i mi
I drah' mi hin zur Wond
I bin mei größte Schond'
I bin am Sand
Er is am Sand
I bin am Sand
Er is am Sand
Er is am Sand

I wor duat, wo'd Sunn scheint
Heit' steh' i im Reg'n
Und i bin mei ärgster Feind
I mecht' mi in'd Gruab'n leg'n
Fünf Ros'n in da Hond
Mit an schworz'n G'wond
I bin am Sand
Er is am Sand
I bin am Sand
Er is am Sand
Er is am Sand

Mei Schiff, des find kan Hof'n
Mi schleidert's hin und her
I hob' mei Chance verschlof'n
Z'ruck find i nimmer mehr
Ins Reg'nbog'nlond
Vur mir de schwarze Wond
I bin am Sand
Er is am Sand
I bin am Sand
Er is am Sand
Er is am Sand

Ollas, wos i g'mocht hab'
Kummt heit über mi
Wann i in mein G'wiss'n grob
Steht da Teifl vis-a-vis
Er nimmt mi bei da Hond
Und mei Söl als Pfond
I bin am Sand
Er is am Sand
I bin am Sand
Er is am Sand
Er is am Sand



Okay, ich geb's ja zu: der Titel ist wirklich vieles, aber keinesfalls lebensbejahend. Ja, das stimmt. Deshalb passt er aber auch so herrlich in den November. Diesen sonderbaren Monat, der so unentschlossen ist. Es ist kalt, aber nicht saukalt. Es gibt Nebel, aber eher noch keinen Schnee (daran ist aber auch der Klimawandel schuld!). Es wird früher dunkel, aber die Weihnachtsbeleuchtung ist noch nicht an. Damit nicht alles den Bach runtergeht, gibt es immerhin bereits Kekse.

Den Text lasse ich heute komplett für sich sprechen - ich denke die meisten von euch waren schon einmal in so einer Stimmung und möchten daran nicht noch von einem neunmalklugen Ex-Germanisten erinnert werden. Ich verspreche euch, morgen gibts dann wieder was fröhlich(eres) :D

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