Freitag, 3. April 2020

# 16 - "Rock'n'Roll-Cowboy" - Maggie Mae (1981)

Ja, wer bei "Maggie May" automatisch an den Rod-Stewarts-Song denkt, hat etwas richtig gemacht. Denn jeder der Maggie Mae einmal gesehen bzw. gehört hat, wird sie nie wieder vergessen.
Ihre Lieder sind so "originell", dass ich eigentlich ein Maggie-Mae-Special machen und einen Monat jeden Tag einen ihrer schrägen Songs vorstellen müsste. Das wäre mit der Zeit aber zu einseitig und von den zugefügten Schäden würde ich mich vermutlich sehr lange nicht mehr erholen. Corona hin oder her.

Heute gibt es wieder gute Laune auf die Ohren und einen Text, der wirklich JENSEITS von Gut und Böse ist.




MAGGIE MAE
A: Rock'n'Roll-Cowboy [Making your Mind up - Bucks Fizz] (M: John Danter & Andrew Hill / dt. T: Bernd Meinunger & Werner Schüler)
B: Jet Set (M: Norbert Daum / T: Werner Schüler)

1981, Jupiter 6.13097
produziert von Werner Schüler



Maggie Mae (* 1960 als Andrea Carle in Karlsruhe) war so etwas wie ein Teenie-Idol in Westdeutschland. Mit dem Beinamen "verrücktes Huhn" grölte, piepste und jauchzte sie sich durch die Hitparaden und bewies immer jede Menge Körpereinsatz bei Live-Auftritten.
Ihre "Janis-Joplin-Gedächtnisbrille", die - als sie 14-jährig startete - ihr Markenzeichen war, tauschte sie Ende der 70er-Jahre gegen Kontaktlinsen und versuchte einen Imagewechsel. Der gelang leider nicht.
Also startete sie Anfang der 80er-Jahre wieder dort, wo sie zuvor aufgehört hatte. Brille wieder auf, Dauerwelle in die Haare und die inzwischen 21-Jährige, frisch gebackene Mutter, startete 1981 ihr Comeback - mit der deutschen Version des Song-Contest-Siegertitels aus England, "Making your Mind up" von Bucks Fizz.

Untypisch für die damalige Zeit: Die Sieger haben ihren Song in keiner anderen Sprache aufgenommen (gut, englisch ist ja universell ... aber trotzdem!) und da hatte man sich die Rechte schnell geholt. Und wer könnte einen Titel, der auf deutsch übersetzt, "Mach dir Gedanken" bzw. "Entscheide dich" heißt, besser singen als Maggie?

Gut. Mit dem Original, das jetzt literarisch auch nicht auf Weltniveau ist, hat diese Coverversion wirklich nichts zu tun! Während hier zwischenmenschliche Ratschläge u. a. auf Beziehungsebene gegeben werden, frönt Maggie Mae ungestört dem exzessiven Liebesleben im ländlichen Party-Idyll.


Er kam heut' in die Stadt
Mit einem alten Motorrad
Und schwankte so wie einst John Wayne in die Disco rein 
Und er war ganz allein
Und alle schrien: "Mensch wo ist dein Pferd?"
Hey Rock'n'Roll-Cowboy

Er roch nach Pferdestall
Und hat sich gleich in mich verknallt
Doch statt 'nem Cowboyhut trug er einen Helm
Und den nahm er nie ab
Und er tanzte Polka auf "King Creole"
Mein Rock'n'Roll-Cowboy

Er schoss mir 'ne Gladiole
Im Laden nebenan
Mit seiner Spritzpistole
War das ein Mann, oh Mann-o-Mann

Er sagte mir, er kommt vom Land
Zerdrückte mir beinah die Hand
Doch das hielt er für zärtlich
Er wusste mit seiner Kraft nicht wohin
Nur als er mich küsste war er ganz sanft
Mein Rock'n'Roll-Cowboy

Und alle haben ihn ausgelacht
Das hat mir gar nichts ausgemacht
Einen wie ihn fand ich hier in der Stadt noch nie
Und ich hab gedacht:
"Nimm mich auf dein Pferd und dann reite los"
Mein Rock'n'Roll-Cowboy

Da sah er 'ne Gitarre 
Und spielte wild drauf los 
Sang wie Elvis Presley
Bei mir war die Hölle los

Doch plötzlich kam ein fremder Mann
und fasste meinen Cowboy an
Und meinte: "Mensch, hau bloß schnell ab 
Du bist viel zu schlapp
Wenn's geht zack, zack, zack
Und deine Braut, die gehört jetzt mir
Du Rock'n'Roll-Cowboy"

Da ging ein bisschen Glas zu Bruch
Und alle waren auf der Flucht
Und am Schluss stand er ganz allein im Raum
Und hat nach mir gesucht
Und er fand mich unterm Tisch
Mein Rock'n'Roll-Cowoby

Romantischer hätte man eine Liebesgeschichte in der Dorfdisco wohl nicht beschreiben können. Inklusive Eifersuchtsszene, Prügelei und Provinzliebesbekundungen.
Da reimt sich teilweise auch nur mit sehr viel Schrecken Bruch auf Flucht, Gladiole auf Pistole, los auf los oder Pferdestall auf verknallt.

Irgendwo auf der Welt ist gerade ein Germanist an unsagbaren inneren Schmerzen aufgrund dieser Reime qualvoll verschieden.

Nun ja, zum Glück hat sie ja schlussendlich ihren "Rock'n'Roll-Cowboy" (wie kommt man eigentlich auf so eine Formulierung!?) gefunden (wer wird denn nicht schwach, wenn der/die Auserwählte nach Pferdestall riecht?) - Scherben bringen bekanntlich auch Glück und unter dem Tisch lag sicher so viel Zeugs herum, dass niemand Maggie finden hätte können. Gemeinsam verbringen sie jetzt hoffentlich ein langes und erfülltes Leben im "Jet Set" (B-Seite) und überlegen, wann man wohl wieder so einen herrlichen Abend verbringen würde ...



Großartiger Weise ist Maggie Mae mit diesem Titel aber auch live-singend (!) in einer TV-Sendung aufgetreten. BAM! Und da gibt sie in ihrer Fransen-Lederjacke (siehe Single-Cover) und einer Lederhose, die förmlich wie eine zweite Hau sitzt, zu leicht verruchten weißen Stiefelchen diesen Stimmungshit zum Besten. Und man kann ihr vieles vorwerfen, aber körperlich hat sie bei dieser Performance alles gegeben. (Man muss sich förmlich sorgen, dass nicht die Hose platzt oder sie bald eine zweite Hüfte braucht!)

Bei 0:20 wird in der ersten Reihe zumindest zaghaft versucht mitzuklatschen - ein deutsches Gesellschaftsproblem - ein Song wird erst als gut bewertet, wenn er am "Klatsch-o-Meter" eine gute Performance aufweisen kann. Erst bei 2:11 hatte Maggie geschafft, dass die Leute ihre wilde Gestikulierung als Klatschaufforderung erkannten. Ziemlich spät, denn Maggie bleiben nur noch knapp 20 Sekunden für ihren Auftritt.

Für diesen Partykracher vergebe ich fünf von fünf Gladiolen. Die Textautoren sind gestraft genug, dafür dass sie diese Textfassung nicht unter Pseudonymen angefertigt haben. Obwohl, die Formulierung "zack, zack, zack" ging immerhin 2019 in die österreichische Geschichte ein ;)

Maggie Mae kehrte nach zwei weiteren Schallplattenaufnahmen dem Musikbusiness endgültig den Rücken zu und wanderte mit ihrem ersten Ehemann nach Amerika aus. Sie lebt, inzwischen in zweiter Ehe und als Mutter von vier Kindern und mehrfache Großmutter, nach wie vor in Florida. Vor knapp 20 Jahren trat sie noch einmal im deutschen Fernsehen auf, danach wurde es ruhig um sie.

(Als besonderes Zuckerl zeig ich euch hier dieses charmante Video, wo Maggie ihren größten Hit von 1974 - eine Coverversion von "My Boy Lollipop" - nochmals zum Besten gibt. Und es klingt tatsächlich so, als hätte sie diesen Song damals (2001) neu aufgenommen. Und sie beweist, dass sie immer noch so toll tanzen kann wie 1981 und - Menschen mit Adleraugen wird es bereits aufgefallen sein - dass ihr die alte Lederjacke immer noch passt! Ha!)


Wenn ihr jetzt grad keinen Rock'n'Roll-Cowboy in eurer Umgebung habt, dann macht das nichts. Füllt die Spritzpistole mit Wasser und ärgert zumindest die Nachbarn (oder die Vögel, die vor euren Fenstern sitzen) ... ansonsten könnt ihr natürlich gerne Maggie's Choreo üben ... die Klamotten findet man sicher bei Zalando im Online-Shop! Gutes Gelingen ... und ach ja ... schönes Wochenende! ;)

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