Donnerstag, 7. Mai 2020

# 50 - "Yummy, yummy, yummy - du bist ein böser Mann" - Joseline Gassen (1976)

Wow ... heute ist bereits der 50. Eintrag auf diesem Blog. Seit knapp zwei Monaten hat Corona unser Leben - von heute auf morgen - komplett auf den Kopf gestellt. Dennoch muss ich sagen, dass mir dieses tägliche Ritual tatsächlich nach wie vor viel Freude bereitet. Und ich freue mich immer wieder über liebe Nachrichten und lustige Kommentare zu einzelnen Beiträgen! Inzwischen wurde mein Blog mehr als 500-mal besucht! Vielen lieben Dank 💓



JOSELINE GASSEN
A: Yummy, yummy, yummy - du bist ein böser Mann [Yummy, Yummy, Yummy - Ohio Express] (M: Joe Levine & Arthur Resnick / dt. T: Frank Dostal)
B: Tommy (M: Janusz Kryst / T: Christiane Handtke)

1976, Philips, 6003 556


Von der 1951 geborenen Joseline Gassen gibt es tatsächlich nur diese eine Single.

Auf dem Single-Cover äußert sie sich folgendermaßen:

"Geboren als Jungfrau an einem Mittwoch in Berlin-Neukölln. Wenn ich Glück hab', werd' ich in 'nem Monat 25. Schule: Rechnen saumäßig (inzwischen kann ich's aber!!), Musik und Blockflöte gut - dritte Stimme im Kinderchor. Mit vierzehn erste heiße Liebe: Die Beatles.
Den ersten Kuss bekam ich etwas später, nich' von Paul McCartney, aber Hans war auch sehr lieb.
Zoowärter, Astronaut oder Schauspielerin wollte ich werden. Schauspielerin bin ich geworden - und verdiene mir heute damit meine Zigaretten.

Freizeitsingen in dem Berliner Club 'Die Badewanne' mit meiner Band, brachte mich glücklich zur Schallplatte.
Ansonsten glaube ich, bin ich 'n netter Mensch: Bisschen Kumpel, bisschen Weib - und dabei soll's auch bleiben."

Gassen steht immer wieder als Schauspielerin in Kino- und TV-Produktionen vor der Kamera. Mehrere Jahre war sie z. B. in den Serien "Wartesaal zum kleinen Glück", "Spreepiraten" und "Der Landarzt" engagiert. Sie spielte in den 80er-Jahren aber auch u. a. in den Kultserien "Drei Damen vom Grill", "Ich heirate eine Familie", "Liebling Kreuzberg" und  "Berliner Weiße mit Schuss".

Erfolgreicher und bekannter ist sie aber seit den 70er-Jahren als Synchronsprecherin, u. a. für Adrienne C. Moore (Orange is the new Black), Alfre Woodard (Desperate Housewives), Bette Midler (Der Club der Teufelinnen), Cher (Die Hexen von Eastwick), Geena Davis (Thelma und Louise), Jessica Lange (King Kong), Kate Jackson (Drei Engel für Charlie), Kirstie Alley (Kuck mal, wer da spricht), Lesley Nicol (Downtown Abbey), Linda Hamilton (Terminator), Lois Chiles (Dallas) und Stefanie Powers (Hart aber herzlich).

Nun aber zum heutigen Song, dessen Original sicher jeder kennt!

Yummy, yummy, yummy
Du ich sag's deiner Mami
Du bist ein böser Mann
Du und deine Liebe
Ihr klaut wie die Diebe
An mir ist bald nichts mehr dran

Aber ich mag das
Uh, ich vertrag' das
Liebe so süß wie Kakao
Du bist ein Tiger
Ruhmreicher Sieger
Ich bin dein Kätzchen, miau


--> Ich gehe jetzt an dieser Stelle nicht darauf ein, dass Frank Dostal (1945-2017) definitiv der erste Preis für blöde Songtexte verliehen werden hätte müssen. Tja. Literaturnobelpreisverdächtig ist das natürlich nicht. Aber selbst 1976 war die Frau per se emanzipierter als dieses Lied behauptet :/

Yummy, yummy, yummy

Du ich sag's deiner Mami
Du bist ein böser Mann
Ich war wie 'ne Brise
Auf 'ner Frühlingswiese

Heute wütet in mir ein Vulkan

--> Ist es Volkan, der türkische Gastarbeiter? Nein, Vulkan. Und warum wütet der in ihr? Weil er ein böser Mann ist? Und warum muss man jetzt auch noch seine Mutter - so kurz vorm Muttertag - in diese Sache mitreinziehen? Wie beschreibt man denn eine "Brise auf ner Frühlingswiese"? Ein laues Lüftlein voller Pollen?

Aber ich mag das

Uh, ich vertrag' das
Mag, wie du tust, was du tust
Uh, deine Küsse
Reißende Flüsse
Wenn du mit mir schmust

--> Wenn man die Küsse des Partners mit "reißenden Flüssen" vergleicht, dann hat er wohl nicht nur eine feuchte Aussprache, sondern generell ein mittelschweres Speichelproblem. Diese sanft-rauschenden (an Brisen auf Frühlingswiesen erinnernden) Vorrichtungen von Zahnärzten könnten da sicher großartig Abhilfe schaffen.

Mmmh ... ich mag das
Ja ... ich vertrag das
Ich mag, wie du tust was du tust
Deine Küsse, reißende Flüsse
Wenn du mit mir schmust

Yummy, yummy, yummy
Du ich sag's deiner Mami
Du bist ein böser Mann
Du und deine Liebe
Ihr klaut wie die Diebe
An mir ist bald nichts mehr dran

Aber ich mag das
Uh, ich vertrag' das
Liebe wie Erdbeereis
Du bist der Sieger
Machst mich zum Tiger
Gar nichts haben, nur noch heiß

--> Liebe wie Erdbeereis? Rot und klebrig? Oder künstlich und Karies bringend? Und die letzte Zeile erschließt sich mir sowieso in keiner Weise.

Refrain



Hier zum Vergleich ein nettes Video des Originals von 1968 von "Ohio Express".



Ein Gassenhauer war dieses Cover von Joseline Gassen definitiv nicht. Notwendig vermutlich auch nicht. Mit Liedern wie diesen wurde die mühsam vorgebrachte Emanzipation wieder um drei Jahre nach hinten geworfen. Schade, dass sich Frauen in den 70er-Jahren Männern gegenüber immer so anbiedern mussten.
Ich vergeb für diesen Song eine Packung Erdbeereis und versuche herauszufinden, ob sie mich an Liebe erinnert. Yummy, yummy, yummy ...

Mittwoch, 6. Mai 2020

# 49 - "Wie bei Hitchcock" - Alice Blanche (1970)

Dieses Mal bin ich richtig spät dran. Verzeiht, ich war den ganzen Tag in Verzug und das hat sich dann bis zum Schluss durchgezogen.
Und dann musste ich auch noch einen Film anschauen ... naja. Der gestrigheutige Titel passt zumindest thematisch!




ALICE BLANCHE
A: Wie bei Hitchcock (M & T: Drafi Deutscher & Hans-Georg Moslener)
B: Casanova und Don Juan (M: Martin Böttcher / T: Michael Kunze)

1970, Decca, D 29 066

Viel ist über Alice Blanche nicht bekannt. Sie wurde 1950 geboren (unbestätigten Quellen zufolge als Aliza Weiss) und lebte damals in Zürich, wo sie unter anderem auch Schauspielunterricht nahm. Insgesamt veröffentlichte sie drei Singles. Der große Erfolg blieb aus.

Ihr größtes Markenzeichen war aber der etwas eigenwillig gestaltete Lidstrich. Was genau sie damit ausdrücken wollte, ist nicht überliefert. Möglicherweise hätte ihr aber eine Brille dabei geholfen, dass es etwas gleichmäßiger ausgesehen hätte? Vielleicht hat sie sich auch aus dem Showbiz zurückgezogen, weil sie ihren starken Kajal-Verbrauch nur mithilfe eines bürgerlichen Berufes decken konnte? Auch Schönheitsflecke dürfen nicht unter den Tisch gekehrt werden.



Das heutige Lied, dass ich heute vorstelle, ist aber einem besonderen Filmschaffenden gewidmet: nämlich Alfred Hitchcock. Auch wenn der nur eine periphere Rolle in dem Song übernimmt. Seine bekanntesten Filme waren "Vertigo" (1958), "Psycho" (1960), "Die Vögel" (1963) und "Marnie" (1964). Welcher Film genau, Drafi Deutscher und Hans-Georg Moslener zum Schreiben dieses Liedes angeregt hat, wissen wir nicht.

Wie bei Hitchcock, wie bei Hitchcock
Krieg' ich eine Gänsehaut
Wenn mir Peter, ja, mein Peter
Tief in meine Augen schaut

--> Na, das spricht ja nicht gerade für den Augenaufschlag von dem guten Peter. Gut, dass er keine Brille trägt. Dem hätte wohl nicht mal Daffi Cramer in die Pupille schauen wollen, wenn man davon eine Gänsehaut bekommt!

Doch bei Hitchcock, ja bei Hitchcock
Gibt es nie ein Happy End
Weil er nur das Gruseln lehrt
Und nie die Liebe kennt

--> Meine letzten intensiveren zwischenmenschlichen Annäherungsversuche liegen bereis fast zwei Monate zurück, aber heißt es, dass das oben beschriebene Verhalten (Gänsehaut und Co.) für die gute Alice eine Form von Liebe ist? Da hätte der liebe Herr Hitchcock schon auch mal einen Schmuseschinken drehen können ... (bei "Die Vögel" hätten es ja durchaus auch weiße Tauben sein können ... zis ... schon damals gabs wohl kaum noch echte Romantiker!)

Psychothriller, Nervenkiller
Schüsse hinter eine Wand
Große Spannung bis zum Ende
Hitchock ist dafür bekannt

Doch viel schneller als bei Hitchcock
Schlägt mein Herz, wenn Peter kommt
Großalarm, wenn er mich küsst
Und zärtlich zu mir ist

--> Ich will gar nicht wissen, auf welches "kommen" hier Bezug genommen wird. Also das Kommen nach der Arbeit kann es ja nicht sein, wenn Alice gleich Großalarm schlägt (außer sie liegt noch mit dem Gärtner heimlich in den Thujen ...). Ah ok, küssen und zärtlich sein ist ok, aber in die Augen schauen ... das geht wirklich zu weit! Sie ist eine anständige Frau!

Refrain

Schwarze Särge, weiße Tücher
Ladies steh'n im Trauerkleid
Zähne klappern, großes Zittern
Das nennt Hitchcock Zeitvertreib

Doch der allergrößte Schocker
Ist der Peter ganz allein
Denn er kann für mich
Noch viel geheimnisvoller sein

--> Peter, dieser hinterlistige Schocker, wird wohl ein ewiges Geheimnis bleiben. Selbst Gitte wusste bereits drei Jahre vorher: "Später Peter wird alles anders"! Hätte sie doch Alice gewarnt. Dann hätten sich andere Sängerinnen nicht mit ihm abmühen müssen, denn die Erkenntnis "Peter ist der Größte" (Su Miriam, 1976) hatte zur Folge, dass er sich aus dem Staub machen musste: "Peter, dein Zug geht in fünf Minuten" (Daffi Cramer, 1974) und Vicky Leandros ergänzte: "Ja, ja, der Peter, der ist schlau" (1975) - denn selbst Yoko Ono wusste bereits: "Peter the Dealer"!

Refrain




Wenn ihr euch jetzt noch einen gruseligen Film anschauen wollt, dann macht lieber an den heiklen Stellen die Augen zu. Eure/n Partner/in solltet ihr aber doch vielleicht (zumindest) zwischendurch ansehen, damit die wenigstens mitkriegen, dass ihr noch lebt!

Für dieses Lied vergebe ich fünf Augen-Nasen-Mund-Schutzmasken und hoffe, dass ihr vor gruseligen Alpträumen verschont bleibt! Im Zweifel lasst einfach dieses Lied in der Endlosschleife laufen, das verschreckt sicher Geister jeglicher Art ;)

Dienstag, 5. Mai 2020

# 48 - "Weanerisch is klass" - The Malformation (1971)

Ist Patriotismus gut? Darf man sich darüber freuen, ÖsterreicherIn zu sein? Was ist denn eigentlich dieses Österreichische? Der Wiener Charme, Salzburger Nockerl, das Grantln, das Z'sammsitz'n oder die unfassbar große Bandbreite an sympathischen Schimpfwörtern, die so in keiner anderen Sprache funktionieren?

Was auch immer es genau ist, ich hab eine große Begeisterung für diese (heute) ein wenig eigentümlich wirkende Musik!




THE MALFORMATION
A: I steh' auf di (M & T: Georg Danzer)
B: Weanerisch is klass (M & T: Georg Danzer)

1971, EMI Columbia, E 006 33 041
produziert von René Reitz

"Wie diese Dialektwelle, die heute als Ursprung des sogenannten 'Austro-Pop' verstanden wird, wirklich begonnen hat, ist nicht ganz klar. Fix ist, dass es entgegen der gängigen Auffassung nicht die Gerhard-Bronner-Komposition 'Wie a Glock'n' war, die dieses Genre begründet hat.
Die Ursprünge in der damals sehr vitalen Wiener Folk-Szene zu vermuten, ist schon eher nahe liegend. Einige nennen Walter Frey, den Sänger der Wiener Underground-Band Jesus H.C., den eigentlichen Erfinder des Austropops. 1967 sei er bereits in Wiener Clubs mit der Interpretation bekannter Folk-Songs auf Wienerisch aufgetreten. 1969 fragte die ORF-Jugendredaktion bei der Wiener Folk- und Blues-Band The Worried Man Skiffle Group an, ob diese nicht Lust hätten, für eine Sendung ein paar Songs auf Wienerisch aufzunehmen. (...) Der im TV uraufgeführte Song 'Glaubst i bin bled?' führte daraufhin sieben Wochen die österreichische Hitparade an und öffnete dem Mundart-Pop Tür und Angel. 1970 toppte Columbia diesen Erfolg mit dem Mega-Seller 'Wie a Glock'n' von Marianne Mendt (...).

Die Vermarktbarkeit dieses neuen Dialektphänomens bewegte einige österreichische Bands dazu, von Englisch auf Wienerisch umzusatteln. Die Lost Generation zum Beispiel, die schon eine englischsprachige Single eingespielt hatten, brachten im neuen, zeitgemäßen Gewand mit 'Hau di am Dampfer, Zwutschkerl' einen der fiesesten Put-down-Songs aller Zeit heraus. (...) Columbia legte nach. Innerhalb kurzer Zeit wurden neue Bands ins Rennen geschickt, die alle nach der gleichen Rezeptur gestrickt waren: Englischer Name, Wienerischer Gesang, derber Humor und harter Sound. Eine der profiliertesten war die Formation The Madcaps, die vier Singles und ein Album herausbrachten. Der junge Georg Danzer, der sich in den Jahren zuvor mit wenig Erfolg an einer Solo-Karriere versucht hatte, stieg nach der ersten Single (...) in die Band ein, war aber weiterhin auch als Komponist für andere Künstler tätig. So schrieb er auch für The Malformation den Song 'Weanerisch is klass', der als Hymne für dieses junge - von später folgenden Peinlichkeiten noch völlig verschonte - Genre 'Austro-Pop' verstanden werden kann." (Al "Bird" Sputnik, Trash Rock Archives - Part 1: Beat in Österreich - Die Sechziger Jahre)


Diese ursprüngliche Art von Austro-Pop ist wirklich spannend, da man diese Musik - meiner Meinung nach - mit keiner anderen musikalischen Gattung auch nur ansatzweise vergleichen kann. Federführend für diese musikalische Weiterentwicklung war definitiv Georg Danzer (1946-2007), dem nach dem großen Erfolg von "Tschik" (1972 unter Pseudonym) erst 1975 mit "Jö schau" auch ein Hit unter seinem bürgerlichen Namen gelang.

Mitglieder von "The Malformation" (zu deutsch: die Missbildung) waren
Stefan Haselmayer
Ludwig Kalkus
Karl Mayerhofer
Albin Wegerbauer
Bernd Zischka

Nach zwei Singles in "weanerisch", orientierte sich die Band wieder an englischer Popmusik und wurde zu Österreichs einziger Glam-Rock-Band (a la Sweet).
Zwischen 1971 und 1976 brachte The (New) Malformation insgesamt sieben Singles auf den Markt.




I steh' auf mi söba
Heut' is alles leiwand
Hat vielleicht von euch no irgendwer an Einwand - ha?
I brauch kane Häuser, dass ma amoi guat geht
I brauch nur an Sound, der was ma untern Huat geht - jo

I brauch kan Blues mehr und kan Underground
Weu i sag: Weanerisch is klass
Und die Erkenntnis stesst mi au'n G'wand
I bin auf nix mehr anders haas

Endlich bin i frei, weu i jetzt die Musik hab
Die ma alles gibt, was i heut' fir a Glick hab - jo!
Weanerisch is klass, des war scho längstens föllig
I steh' auf mi söba, i bin richtig söllig - jo 





Da muss man doch gar nichts mehr extra dazusagen, oder? Sunst kaunst di übad'Häusa hau'n, wenn'st a Problem host ... fong jetzt gfölligst kan Ballawatsch an und hau di am Dampfer, Zwutschkerl!

All jene, die mit dieser sprachlichen Varietät wenig anfangen können bzw. die starke Verständnisschwierigkeiten haben, kann ich nur sagen: Die Musik ist geil. Und wenn man's nicht versteht, auch wurscht (wer versteht schon die Texte von französischen Chansons  ...)!

Habt trotz bescheidenem Wetter einen möglichst leiwand'n Tag!

Montag, 4. Mai 2020

# 47 - "15 ist ein undankbares Alter" - Juliane Werding (1972)

Der heutige Titel schockiert mich. Nicht wegen des Textes oder Gesangs. Nein. Sondern weil mir dadurch bewusst wird, dass mein eigenes 15-jähriges Ich - mit heute - 15 Jahre her ist. Und es fühlt sich noch immer an, als wäre es gestern. Nur sitze ich heute auf meiner Couch, in meiner Wohnung, 130 km von meinem Elternhaus entfernt.
Was würde ich wohl jetzt meinem 15-jährigen Ich sagen? Wahrscheinlich: "30 ist auch ein undankbares Alter" ;) ... nein. Ich glaube, dass ich ihm sagen würde, dass er mehr an sich glauben soll ... an das, was in ihm steckt ... und sich weniger Gedanken um das machen soll, was andere von ihm halten oder in ihm sehen wollen. So ungefähr. Außer vielleicht, dass er sich mit 17 nicht die Haare färben soll ... aber gut, solche Fehler macht jeder mal ;)
Aber im Großen und Ganzen hat sich nicht so viel geändert zwischen uns ... wenn man vom Gewicht und der Anzahl an grauen Haaren absieht ... ;)





JULIANE WERDING
15 ist ein undankbares Alter (M: Dieter Zimmermann / T: Hans-Ulrich Weigel)

1972, Hansa
aus der LP "In tiefer Trauer"
produziert von Peter Meisel

Juliane Werding wurde 1956 in Essen geboren. Im Juni 1971 hatte sie ihren ersten Fernsehauftritt im SWR-Talentschuppen und erhielt bereits vor der Sendung ihren ersten Plattenvertrag.
Gleich ihre erste Single "Am Tag, als Conny Kramer starb" schlug im Frühjahr 1972 ein. Der Song erreichte Platz 1 der deutschen Charts und konnte sich 14 Wochen in den Top-10 halten. Die Single verkaufte sich mehr als 1.000.000-mal - das folgende Album "In tiefer Trauer" 100.000-mal. Juliane wurde über Nacht berühmt - Ende des Jahres erhielt sie die "Goldene Europa" und den goldenen "Bravo-Otto" als beliebteste Sängerin des Jahres.
Trotz dem ganzen Ruhm machte sie 1973 ihre mittlere Reife und absolvierte danach die Handelsschule.
Juliane Werding ist eine der wenigen SängerInnen, deren Karriere mehr als drei Jahrzehnte überdauerte. Weitere Hits waren "Wenn du denkst, du denkst, dann denkst du nur, du denkst" (1975), "Nacht voll Schatten" (1983), "Stimmen im Wind" (1985), "Sehnsucht ist unheilbar" (1985), "Sie weiß, was sie will" (1992), "Du schaffst es" (1993) oder "Engel wie du" (1994 - mit Viktor Lazlo und Maggie Reilly). Insgesamt hat Juliane Werding, die Mutter zweier Kinder ist, mehr als 25 Millionen Platten verkauft.
Bereits in den 80er-Jahren begann Werding eine Ausbildung zur Heilpraktikerin. 2009 zog sie sich aus dem Showgeschäft zurück, um dieser Tätigkeit wieder in einer Gemeinschaftspraxis in Starnberg nachzugehen.

Den Beginn ihrer Karriere prägte auch Hans-Ulrich Weigel (wir erinnern uns an seinen Namen durch die Zusammenarbeit mit Carola) mit. Weigel, dem 1971 mit "Mamy Blue" ein Riesenerfolg für Ricky Shayne glückte, versuchte sich in die damals 15-Jährige hineinzuversetzen - und es gelang ihm auch. Die Lieder passen zum damaligen Zeitgeist und machen Juliane über Nacht zur "Problemsängerin" - im positiven Sinn. Sie spricht die Themen an, die die Jugendlichen interessieren - Drogen, Umweltverschmutzung, Ausgrenzung, Krieg, Technisierung, aber auch Frieden und Freundschaft. Kurzum ein großer Coup.

Komponist Dieter Zimmermann war nicht nur kurzzeitig mit Agnetha Fältskog (ja, die von ABBA!) verlobt, sondern auch musikalisch für den deutschen Grand-Prix-Beitrag 1971 ("Diese Welt" von Katja Ebstein) verantwortlich - immerhin Platz 3! Leider starb er bereits 1978 - im Alter von 34 Jahren - an Leukämie.

15 ist ein undankbares Alter
Du siehst aus 17
Doch sie behandeln dich wie 13

15 ist ein undankbares Alter
Du hast Probleme mit der Liebe und dem Leben
Und darfst noch nicht darüber reden

Du fühlst dich bewacht, wie in einer Kaserne
Doch von deinem Taschengeld leben Konzerne
Es gibt eine Zeitung extra für dich
Doch nach deiner Meinung fragen sie nicht

Refrain


Deine besten Freunde will man dir vermiesen
Deine Ideale, die tritt man mit Füßen
Doch du findest dich ab und denkst, das wird sich geben
Und du lernst mit dem schlechten Gewissen zu leben

Refrain




Zimmermann und Weigel entwickelten einen speziellen Sound, der sich vom damals üblichen seichten Schlagereinerlei deutlich abhebt. Es klingt ehrlicher, moderner, revolutionärer. Man fühlt sich nicht nur verstanden, sondern auch ernst genommen. Zudem hat Juliane etwas Cooles - auch in ihrer Stimme - und sie findet Gehör: frei nach dem Motto "eine von uns, die sagt, was wir denken".

Für diesen nostalgischen Song geb ich doch glatt fünf Bravo-Zeitungen!

Spannend, wenn man sich den Text anschaut. Der hat auch fast 50 Jahre später kaum an Aktualität verloren. Ich glaube vielen Jugendlichen würde der Titel auch heute noch aus dem Herzen sprechen ... wenn sie kurz mal auf Snapchat, Instagram oder tiktok verzichten würden.

Leider gehört aber das Erwachsenenwerden zum Leben dazu. In dieser Hinsicht ist es schon ganz praktisch, nicht mehr 15 zu sein. Allerdings ist 30 manchmal auch ein undankbares Alter, merke ich zumindest jetzt gerade ...

Sonntag, 3. Mai 2020

# 46 - "Ade, du graue Welt" - Horst Janson (1974)

NEIN! Bitte, macht euch keine Sorgen! Das sind keine Abschiedsworte meinerseits. Der Blog wird noch weiterbestehen. Darüberhinaus bin ich nicht suizidal und auch nicht depressiv oder deprimiert. Der Titel ist nicht so tragisch, wie es scheint.




HORST JANSON & MONIKA LUNDI
A: Wir wollen es haben [Having my Baby - Paul Anka] (M: Paul Anka / dt. T: Michael Kunze)
B: Ade, du graue Welt (M & T: Michael Kunze)

1974, Music, 13 564 AT
produziert von Michael Kunze


Bereits in den 70er-Jahren war es immer wieder populär, dass auch bekannte und beliebte SchauspielerInnen Songs aufnahmen - unabhängig ihrer musikalischen Eignung dafür.

Horst Janson (* 1935) zählt zu den erfolgreichsten Schauspielern im deutschsprachigen Raum. Bekannt wurde er durch die Verfilmung von "Die Buddenbrooks" (1959). Sein Durchbruch gelang ihm 1968 in der ARD-Fernsehserie "Salto Mortale", in der er einen Trapezartisten spielte. 
Einem breiteren Publikum wurde er durch die Fernsehserie "Der Bastian" (1973) und die Filme "Die Zwillinge vom Immenhof" (1973) sowohl "Frühling auf Immenhof" (1974) bekannt. Er wirkte aber auch in internationalen Produktionen, wie beispielsweise "Zwei Kerle aus Granit" (1970), "Steiner - Das Eiserne Kreuz II" (1979) oder "The McKenzie Break" (1970), mit. Janson ist bis heute noch aktiv.

Von 1973 bis 1976 war er mit der Schauspielerin Monika Lundi (* 1942), mit der er diese Single aufnahm und auch öfters gemeinsam vor der Kamera stand, wie beispielsweise in der Konsalik-Verfilmung "Ein toter Taucher nimmt kein Gold" (1974), verheiratet.

Michael Kunze (* 1943) ist einer der erfolgreichsten deutschen Liedtexter. Er ist Grammy-Preisträger und wurde mit mehr als 70 Goldenen- und Platin-Schallplatten ausgezeichnet.
Zu seinen größten Hits zählen "Du" (Peter Maffay, 1970), "Lady Bump" (Penny McLean, 1975), "Nacht voll Schatten" (Juliane Werding, 1983), "Ohne dich schlaf' ich heut' Nacht nicht ein" (Münchner Freiheit, 1985), "Ein Bett im Kornfeld" (Jürgen Drews, 1976), "Griechischer Wein" (Udo Jürgens, 1974), "Fly Robin fly" (Silver Convention, 1977) und "Ich war noch niemals in New York" (Udo Jürgens, 1982).

Kunze übertrug die bekanntesten Broadway-Musicals ins Deutsche, so u. a. "Evita", "Cats", "Das Phantom der Oper", "Into the Woods", "A Chorus Line", "Der kleine Horrorladen", "Der König der Löwen" und "Mamma mia!".
Seit den 90er-Jahren ist er vor allem als Textautor von Musicals tätig, u. a. "Elisabeth", "Rebecca" oder "Tanz der Vampire".

Wir halten also fest, dass Herr Kunze tatsächlich musikalisch EINIGES drauf hat. Die schwache Stunde, in der "Ade, du graue Welt" entstand, sei hiermit offiziell verziehen.

Ade, du graue Welt ich geh' zum Zirkus
Da mal' ich mir die Nase an und werde Clown
Wenn Licht erstrahlt in vielen Farben
Werd' dich vergessen haben
Und wieder meinem Glück vertrau'n

Seitdem ich dich verloren hab'
Geht's mit mit immer mehr bergab
Mir schmeckt kein Wein und keine Zigarette mehr
Mein Herz ist schwer

Seitdem ich dich verloren hab'
Red' ich im Schlaf und träum' am Tag
Ich werfe jedem vor, dass ich allein sein muss
Doch jetzt ist Schluss

Refrain

Ich grüble dauernd vor mich hin
Und weil ich schlechter Laune bin
Gerate ich mit manchem guten Freund in Streit
Das geht zu weit

Ich fang' den ganzen Tag nichts an
Weil ich dich nicht vergessen kann
Und wenn du nicht zurückkommst
Bleib' ich auch nicht hier
Dann sag' ich mir

Refrain



Hätten wir das also auch besprochen. Gut, dass Horst dann doch nicht zum Zirkus gegangen ist. Wäre schade, um einige seiner Filme gewesen.
Die Sinnhaftigkeit dieses Liedes erschließt sich mir leider nicht so ganz - muss es auch nicht. Gedanken sind ja schließlich frei. Wer weiß, wie viele arme Männer sich in den 70er-Jahren in ihrer Verzweiflung - nach einem Beziehungsaus - einem Zirkus angeschlossen und dort neues Glück als Löwendompteur oder bärtige Frau gefunden haben? Dabei wollten sie eigentlich nur kurz Zigaretten kaufen ... aber das nützt jetzt eh nichts mehr, denn die schmecken - wie Horst tragisch beschreibt - leider auch nicht mehr (nicht mal der griechische? Wein!).

Von mir gibt's dafür fünf Clownnasen für das Zirkusfeeling @ Home.

Sollte ich die nächsten Tage nicht erreichbar sein, recherchiert bitte, ob ein Zirkus in der Stadt ist und falls ich mich - in geistiger Umnachtung - eben jenem angeschlossen haben sollte, holt mich bitte raus! Bitte! Danke!

Samstag, 2. Mai 2020

# 45 - "Es wird hell, Michel" - Mara Landin (1977)

Manchmal darf man sich auch etwas thematisch bei mir wünschen ... et voilá, der heutige Tageshit ist selbstverständlich wieder einmal eine Coverversion!
Allen Menschenmassen gewidmet, die sich heute morgen wohl das Gleiche dachten, und sofort aus dem Bett sprangen, um die langersehnten Geschäfte endlich wieder plündern zu dürfen!




MARA LANDIN
A: Es wird hell, Michel ([Lost in France - Bonnie Tyler] (M: Ronnie Scott & Steve Wolfe / dt. T: Frank Dostal)
B: Liebeskummer [Staying Power - Barbi Benton] (M: Howard Greenfield / dt. T: Frank Dostal)

1976, Telefunken, 6.11998
produziert von Frank Dostal


Frank Dostal zeichnete auch dieses Mal wieder für einen speziellen Text verantwortlich. Nachdem das "Monchhichi-Lied" bereits für große Begeisterung sorgte, kommt hier ein weiteres Werk aus seiner Feder.
Über die Interpretin Mara Landin selbst ist wenig bekannt. Sie veröffentlichte zwischen 1974 und 1976 insgesamt vier Singles, die alle etwas gemeinsam hatten: nämlich den fehlenden Erfolg. Hört man sich diesen Song (ihre letzte Single) an, dann erkennt man, dass Mara sicherlich in vielen Dingen äußerst talentiert ist - Singen gehört aber eher nicht dazu.

Allen Frischverliebten, die wenig Wert auf anspruchsvoll-romantische Lyrik legen:

Es wird hell, Michel
Hör' wie schön die Vögel singen
Es wird hell, Michel
Soll ich dir das Frühstück bringen?

Lass uns aufsteh'n und spazieren geh'n
Dem neuen Tag in die Augen seh'n
Es wird hell, Michel, wach' auf

Es wird hell, Michel
Heute dürfen wir nicht schlafen
Du ich denk' grad dran
Wie es war, als wie uns trafen

Du warst schüchtern, ich war sehr formell

Doch hier in Frankreich, da vergeht das schnell
Es wird hell, Michel, wach' auf

Ulalala ulalala uh
Ulalalala je t'aime
Ulalala ulalala uh
Ulalalala je t'aime

Es wird hell, Michel

Ich will dir noch so viel sagen
Es wird hell, Michel
Ich muss dich noch so viel fragen

Weißt du was, ich ruf zu Hause an
Und sag', dass ich noch nicht kommen kann
Es wird hell, Michel, wach' auf


Ja. Da wären wir nun am Ende angelangt. Zugegeben, Bonnie Tyler stand damals noch ganz am Anfang ihrer Karriere. Und "Lost in France" klingt auch anders, als ihre späteren Titel. Grund dafür: es war vor einer Stimmbandoperation. Aber unabhängig ob kratzige Stimme oder nicht, Bonnie hat halt Power und trägt den Song die knappen vier Minuten - trotz banalem Ulala-Geplänkel. Das kann man von Maras Version leider nicht behaupten. Die ist einfach viel zu banal geraten und das übertriebene Gesäusel eher zum Abgewöhnen (wenn ich Michel wäre, würde ich mir die Decke über den Kopf ziehen). 
Wäre die Aufgabe: "Verfasse einen Abenteueraufsatz über deine erste große Liebe im Ausland" gewesen, dann hätten wir hier ein klassisches "Thema verfehlt". Es fehlt an Spannung, romantischem Knistern, Leidenschaft - also so ziemlich allem. Da nützt es auch nichts mehr, wenn man so beiläufig Romantik-Hotspot-Land "Frankreich" einwirft (wenn, dann hätte es schon direkt Paris sein müssen!). Die ersten Strophen könnten genauso gut die Beschreibung von Backpackern in einem Hostel sein, die heute noch 347 "Sightseeing-Highlights" unterbringen müssen, bevor sie ihren morgigen Interrail-Trip fortsetzen müssen.
Schade! (#Ironieoff) Am besten gleich wieder vergessen!




Im Februar 1977 kam übrigens eine weitere Coverversion - mit abweichendem Text - auf den Markt. Gesungen wurde es von einer Kerstin. Das Plattencover zeigt nicht mal ihr Gesicht. Schade, denn diese Version ist - allein schon wegen ihrer Stimme, die mehr Ähnlichkeit mit Bonnie Tyler hat - deutlich stärker. Der Text (von Rolf Dahmen) ist definitiv stärker und intensiver. Leider gibt es keinerlei Informationen über Kerstins Identität. Schade! (#ernstgemeint)




Mein Urteil: Mara Landin muss als Wiedergutmachung Menschen, die den Namen Michel(le) tragen, fünfmal Frühstück ans Bett bringen. Hoffen wir, dass sie nicht untertaucht und sich dabei selbst verliert.

Freitag, 1. Mai 2020

# 44 - "Boutique für schöne Mädchen" - Stephan Bergen (1973)

Zuerst wollte ich heute - anlässlich des Tags der Arbeit - einen fröhlichen DDR-Schinken ausgraben, der zum fröhlich-kollektiven Ärmel-Hochkrempeln einlädt, aber den spar ich mir noch für einen anderen Tag auf ;)

"Reales" Shopping wird ja langsam wieder zum Thema, nachdem auch bald größere Geschäfte ihre Türen öffnen dürfen.




STEPHEN BERGEN
A: Boutique für schöne Mädchen (M: Christian Anders / T: Fred Jay)
B: Amore in Roma (M: Christian Anders / T: Fred Jay)

1973, Hansa, 12 537 AT
produziert von Günter Henne


Schlager-Star Christian Anders alias Antonio Augusto Schinzel-Tenicolo ("Geh' nicht vorbei", "Es fährt ein Zug nach Nirgendwo", "Sechs Uhr früh in den Straßen") komponierte nicht nur für sich, sondern auch für andere. Neben dieser (einzigen) Zusammenarbeit mit Stephan Bergen, komponierte er beispielsweise für Britt Malmkjell ("Männer, die noch keine sind"), Anna-Lena ("Wenn es falsch ist dich zu lieben"), Jean-Claude ("Ich komm wieder, kleine Geisha") oder Tanja Berg ("Das Herz, das du brichst").

Über Stephan Bergen selbst ist wenig bekannt. Zuvor veröffentlichte er bei Polydor als Stephan Berger zwei Singles ("Immer, immer wieder" und "Nur für dich hab' ich Zeit").

"Stephan Bergen, Student der Volkswirtschaft, wurde 1950 in Berlin geboren. Er ist 1,76 m groß, hat braune Augen und braunes Haar. Schon während seiner Schulzeit sang er im Rias-Kinderchor und nahm fleißig Musikunterricht. Seit einiger Zeit singt er ständig in einem Berliner Theater-Chor. Stephan Bergen legt keinen Wert auf Äußerlichkeiten - er ist ein echtes Kind unserer Zeit.", schrieb seine Plattenfirma. 
Der letzte Satz ist echt in vielerlei Hinsicht originell ... so als hätte man bei der Hippie-Sängerin Feli Flower geschrieben "Als echter Hippie legt sie keinen Wert auf Hygiene - sie ist ein echtes Blumenkind dieser Zeit". Zudem möchte ich erinnern, dass der Song, den Stephan besingt, den Titel "Boutique für schöne Mädchen" trägt. Würde er keinen Wert auf Äußerlichkeiten legen, könnte es doch einfach "Boutique für (alle/jedes) Mädchen" heißen oder? Und würden wir noch eine Genderdiskussion anregen, schlicht "Boutique für Menschen"?

Im April 1973 hat er mit dem vorgestellten Titel einen Auftritt in der ZDF-Hitparade, kann sich allerdings zurecht nicht platzieren. Zu dieser Zeit stand er in "Hello, Dolly!" - neben Marika Rökk - auf der Bühne des "Theater des Westens" (heute Stage Theater des Westens) in Berlin. Möglicherweise hat er später in einer "Boutique" ein passendes Gegenstück gefunden und trat daher nicht mehr singend in Erscheinung. Zumindest sind keine weiteren Platten bekannt.

Kommen wir also zu diesem besonderen Titel! Und ich warne euch gleich vorweg: Wir müssen diesen Titel wörtlich nehmen. Die "Boutique für schöne Mädchen" ist nämlich kein Geschäft, in dem Mädchen einkaufen. 

In der Boutique für schöne Mädchen
Die's nur in meinen Träumen gibt
Da findet jeder gleich die eine
In die er sich sofort verliebt

In allen Farben, allen Größen
Sind sie in Reihen aufgestellt
Ein wunderbares Warenlager
Für jeden etwas, das gefällt


--> Ja, da schreien zurecht einige Leute: "Das ist ja Sexismus!". Welche Frau möchte nicht als "Ware" bezeichnet werden und lässt sich gern "in allen Farben, allen Größen (...) in Reihen aufgestellt" präsentieren? Moment ... gibt es solche "Boutiquen" nicht auch in real? Ich glaube die heißen Laufhäuser ...

Und wenn der Frühling dann ins Land kommt
Freu'n sich alle schon darauf
Denn wie in jedem guten Laden
Gibt's einen Winter-Ausverkauf


--> Genau! Im Frühling ist dann die Zeit von "Rudis Resterampe" gekommen, um alle Schreckens-Schabraken, die noch keinen Kerl abgekriegt haben, zum Dumpingpreis "an den Mann zu bringen". All you can eat, oder so. Frauenfeindlicher Trash der übelsten Art!

Ja, die Boutique für schöne Mädchen
Die hätte manchen int'ressiert
Doch sie ist einer jener Träume
Aus denen nie was Rechtes wird


--> Was wäre denn "was Rechtes"? Gut, dass der liebe Stephan nicht auf Äußerlichkeiten achtet. Ach ja, wie heißt nochmal schnell der Laden? Genau: "Die Boutique für schöne Mädchen". Danke für diese Gedächntnisstütze!

Wenn einer mal kein Mädchen hat
Was tut er dann, was tut er dann?
Er geht traurig durch die ganze Stadt
Und schmiedet manchen Plan


--> Eine schöne Beschreibung für testosterongesteuerte Männer mit Libido-Engpass (liebevoll auch "Stangenfieber" genannt). Jetzt wäre es natürlich blöd, wenn gerade heute Feiertag oder Sonntag ist und ausgerechnet jetzt die Boutique geschlossen hat, um in letzter Sekunde diesen Notstand ... äh ... Notfall zu verhindern. Woher nehmen, wenn nicht stehlen?

Mit Glück fällt ihm das Rechte ein
Am rechten Ort, zur rechten Zeit
Wenn er Pech hat, bleibt er lang allein
Und tut sich selber leid


--> Na da haben wir ja Gott sei Dank noch rechtzeitig die Kurve gekratzt. Allerdings muss es natürlich wieder "das Rechte am rechten Ort zur rechten Zeit" sein (also zumindest nicht das Linke!) ... und wenn der Plan nicht aufgeht, wird netterweise nicht zu einer Einladung für feuchtfröhliche Vergewaltigung aufgerufen, sondern zu einem tragischen Eremitendasein - Selbstmitleid inklusive.

Warum nur lässt man das auf sich beruh'n?
Man könnte doch etwas dagegen tun?

Refrain und Wiederholung



Wenn ich mir die Performance von Stephan ansehe, der sich ja durchaus Mühe gibt, habe ich das Gefühl, dass sich seine Stimme nach dem Stimmbruch nicht für eine große Schlagerkarriere entwickelt hat. Zudem weckt sein Auftreten den Anschein, als wäre er eher an schönen Männchen a la Jürgen Marcus interessiert.




Gut. Ich lasse sämtliche weitere Interpretationen offen und vergebe fünf Extra-Schließtage für die armen Mädchen, die in dieser Boutique ihr Dasein fristen müssen.
(Ja, aufgrund solcher Titel lässt sich nachvollziehen, warum es Feministinnen gab, die sich zu Frauenmusik a la Schneewittchen zusammenschlossen!) Schönen Start ins Wochenende!