Montag, 13. April 2020

# 26 - "Der schöne Alfred" - Elke & Alexander (1967)

Heute habe ich etwas ganz Besonderes ausgegraben. Eines meiner absoluten Lieblingslieder. Zugegeben, es ist ziemlich skurril und dessen Thematik besonders, aber in Zeiten wie diesen ist mir jedes Mittel recht ;)


Das Bild zeigt die beiden bei ihrem Auftritt auf der Burg Waldeck 1967


ELKE & ALEXANDER
Der schöne Alfred (M: Pete-Alexander Kugler & Elke Nicolaisen-Gerstenberg / T: Rudolf Alexander Schröder)

1967, Live-Mitschnitt vom Festival auf der "Burg Waleck"
CD "Burg Waldeck Festival 1967. Chanson, Folklore, International. Eine Dokumentation" (studio wedemark, 2004)





Der Text basiert auf einem Gedicht von Rudolf Alexander Schröder (1878-1962), einem deutschen Schriftsteller und Dichter, der u. a. mit Hugo von Hoffmansthal 1913 die "Bremer Presse" gründete. 1950 schrieb er die von Hermann Reute vertonte "Hymne an Deutschland", die sich letztlich aber nicht als neue Nationalhymne durchsetzen konnte.

Da liegt er nun, der schöne Knabe
Oh Freunde weint an seinem Grabe
Und singt mit lautem Klaggetön'

Der gute Alfred war so schön, so schön
Der gute Alfred war so schön
Der gute Alfred war so schön, so schön
Der gute Alfred war so schön

Es kommen 180 Frauen
In Trauerkleidern, langen grauen
Und singen auch mit Klaggetön'

Refrain

Es kommen Fräuleins an, dreitausend
Vor Kummer bleich, vor Schrecken grausend
Und singen auch mit Klaggetön'

Refrain

Es kommen 30 holde Knaben
Um ihren Abgott zu begraben
Und singen auch mit Klaggetön'

Refrain

Der ganze Friedhof steht voll Herren
Die alle ihrem Kummer wehren
Und singen auch mit Klaggetön'

Der gute Alfred war so schön, so schön
Der gute Alfred war so schön - kann man wohl sagen
Der gute Alfred, ja, war so schön
Der gute Alfred war so schön

Ja selbst die dieses Lied hier hören
Geh'n sie nach Haus, ich möchte schwören
Sie singen auch mit Klaggetön'

Refrain



Was soll ich sagen? Ich glaube ich habe noch niemals ein originelleres Lied über eine Beerdigung gehört! Zudem finde ich das Arrangement äußerst gelungen und wie die beiden stimmlich die unterschiedlichen Trauergruppen darstellen, erfreut mich nach wie vor mit nie enden wollender Heiterkeit.

Dafür gebe ich beiden stolze fünf von fünf Taschentüchern!



Bis vor einigen Wochen waren es bloß Elke und Alexander für mich. Sämtliche Rechercheversuche scheiterten gnadenlos. Mein heutiger Google-Versuch führte auf einmal ihre Identitäten zutage. Ein erfreuliches Gefühl, wenn aus den Stimmen zweier Namen auf einmal "echte" Menschen werden und man auch Bilder der beiden findet.

Und nun haben sie eine Identität bekommen: Elke Nicolaisen-Gerstenberg (* 1944) und Peter-Alexander Kugler-Righetti (1944-1988). Die Grafikerin und der Germanist lernten sich 1965 kennen. Zuvor hatten die beiden bereits unterschiedliche Erfahrungen in der Berliner Jazz- und Folkloreszene gesammelt. Nun begannen die beiden zusammenzuarbeiten und suchten nach interessantem Liedmaterial, das sich positiv abhob. In diesem Zusammenhang lernten sie Volker von Törne (1934-1980) kennen und seine Texte lieben.

Ein Kritiker schrieb über die beiden: "Elke und Alexander sind Bänkelsänger von der leisen, der durchtriebenen Art, der rüde Protest und der schrille Aufschrei sind nicht ihre Art, dagegen der leise Hohn, die subversive Sanftmut, die diskrete Kritik. Mit diesen Liedern reiben sie Salz in die Wunden, die die deutsche Geschichte den Bürger zufügte, die sich die Bürger selbst zufügen."


Von Elke und Alexander gibt es leider nur wenige  Aufnahmen:

"Das Attentat" (CD-Box "Die Burg Waldeck Festivals 1964-1969", Bear Family, 2008)
"Kudamm-Bummel" (LP "Steve Club Berlin", Thorofon, 1969)
"Lied über den Terroristen Karl-Heinz Pawfla" (LP "Steve Club Berlin", Thorofon, 1969)



Aber es gibt eine LP:

Elke Nicolaisen und Alexander Righetti singen Volker von Törne - Im Lande vogelfrei (Sound-Star-Ton, 1983)
Auf der Elbchaussee / Ballade vom braven Mann / Ballade von Helga M. / Beim Straßenbau / Die apokalyptischen Reiter / Frei wie ein Vogel / Im Fabelreich / Kinderlied / Küchenlied / Lied über den Terroristen Karl-Heinz Pawla / Lied von den Helden in dieser Zeit / Kudamm-Bummel / Not War

Elke ist bis heute noch als Liedermacherin - unter dem Namen "Elke Querbeet" - vor allem in Berlin aktiv und tritt immer wieder auf.


Da ich diesen Blog mitunter auch als Bildungsauftrag verstehe, gibt es hier einen kurzen, aber nicht minder kritischen, TV-Bericht über das Festival auf der Waldeck von 1966. Es hat einen ungeheuren Charme, wie sich pseudo-despektierlich über die schreckliche Jugend, die dorthin pilgert, geäußert wird. Zudem wird es mit ein paar wenigen schönen und zahlreichen ziemlich obskuren musikalischen Beiträgen angereichert. Ansehen höchst empfehlenswert!




Was zeigt uns dieses Lied in Zeiten wie diesen? Wenn man einen Menschen verliert, ist das unfassbar traurig. Aber woran soll man denken? An das Gute, an das Schlechte? An das Erlebte, an das Versäumte? An das Schöne.


"Am Grab der meisten Menschen trauert, tief verschleiert, ihr ungelebtes Leben."
- Georg Jellinek (1851-1911) -

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen