Sonntag, 5. April 2020

# 18 - "American Pie" - Hans Hass jr. (1972)

Ich beschließe die "Coverversionen-Woche" mit einem meiner long-time-favourites! Zugegeben, über die Textadaption lässt sich vortrefflich streiten ;) ... das Don McLean deswegen allerdings - angeblich - so beleidigt war und Deutschlandauftritte deswegen abgesagt haben soll, halte ich für albernes Gewäsch.



HANS HASS JR.
A: American Pie - Part I [American Pie - Don McLean] (M: Don McLean / dt. T: Anja Hauptmann)
B: American Pie - Part II

1972, Polydor 2041 253
produziert von Elena Parker



Zugegeben, Hans Hass jr. war vermutlich nicht der allergrößte Sänger dieses Planeten, aber verglichen zu vielen anderen verfügte er über eine überdurchschnittliche Musikalität, eine angenehme Stimme, interessante musikalische Ideen und war durchaus ansehnlich.

Bevor es mit der deutschen Coverversion von "American Pie" für ihn musikalisch bergauf ging, veröffentlichte er bereits sieben Singles bei insgesamt drei Plattenfirmen. Diese enthielten eigens für ihn komponierte und getextete Stücke teils bekannter Komponisten/Texter, aber auch erste Eigenkompositionen - ich empfehle hier ausdrücklich "Ich geh' den Strand entlang" (1967) oder "Sentimental John" (1971).

Hans Hass jr. wurde 1946 als Sohn des berühmten Tiefseetauchers Hans Hass und der Schauspielerin Hannelore Schroth geboren. Die Ehe wurde wenige Jahre danach geschieden. Hans jr. kam ins Internat, das er nach der mittleren Reife abbrach und zu seiner Großmutter, der Schauspielerin Käthe Haack, nach Berlin zog, um ebenfalls Schauspieler zu werden. Er nahm Unterricht und wurde bald darauf (1965) für die Schallplatte entdeckt. Es folgten Theater- und Muscialproduktionen, Fernsehauftritte und erste Rollen im Film. Neben eher seichteren Sex-Klamauk-Filmchen a la "Atemlos vor Liebe", "Jungfrauen-Report", "Liebling sei nicht albern" oder "Urlaubsreport - Worüber Reiseleiter nicht sprechen dürfen", stand er oftmals für Jess Franco vor der Kamera, u. a. 1969 in "Der Hexentöter von Blackmoor" (mit Christopher Lee und Maria Schell) oder 1971 im Action-Film "X 312 - Flug zur Hölle".
Nach der Konsalik-Verfilmung "Ein toter Taucher nimmt kein Gold", an der Seite von Horst Janson und Monika Lundi, wurde es ruhiger um ihn. 
Er ging für einige Zeit nach Indien und lebte schließlich auf Ibiza.

In den 90er-Jahren versuchte er mit New-Age-Musik Fuß zu fassen und versuchte sein Glück mit dem Funsport-Konzept "Aquaflying" - eine Laserparcours-Installation für Funsport und Wellness, das ebenfalls kein Erfolg wurde.

Hans war ein getriebener, rastloser und höchst-empfindsamer Mensch. Ich habe mich mehrere Jahre mit seinem spannenden Leben auseinandersetzt und es ist traurig und tragisch zu gleich, dass er - trotz vermeintlich guter Möglichkeiten als Kind berühmter Eltern - irgendwie nie das gefunden hat, was er gesucht hat. Menschen aus seinem Umfeld beschrieben das vor allem mit "Geborgenheit", "Liebe", "Nähe" und "Vertrauen" - einen Rucksack, den er scheinbar bereits seit seiner Kindheit mit sich trug. Sein Drogenkonsum verbesserte diese Situation vermutlich nicht.
Über seinen Halbbruder konnte zumindest ein kurzer Kontakt zu ihm hergestellt werden und er hat sich angeblich gefreut, dass noch jemand an ihn dachte.
Leider war es dann zu spät. Es kam zu keinem Treffen oder einer "richtigen" Kontaktaufnahme. Er wurde am 28. Juni 2009 erhängt im Keller seines Münchener Wohnhauses - von seiner damaligen Lebensgefährtin - gefunden. Er hinterließ keinen Abschiedsbrief . Der Grund dafür waren vermutlich Depressionen. Depressive Phasen hatte er immer wieder. Allerdings gab es auch kurz davor einen Arztbesuch, der möglicherweise Rückschlüsse auf eine ernstere Erkrankung gegeben hätte.

Dass sich die Plattenfirma die entsprechenden Rechte für "American Pie" sichern konnte, war nicht unüblich, aber trotzdem erstaunlich. Vor allem konnte Hans Hass jr. bereits im Juni 1972 damit in der legendären ZDF-Hitparade auftreten, in der er tatsächlich zweimal wiedergewählt wurde! Das bedeutete damals nicht nur ungefähr 5.000 DM Gage, sondern auch drei Fernsehauftritte, die die Plattenverkäufe ordentlich ankurbelten!
Warum es danach zu keiner weiteren Produktion bei Polydor kam, ist nicht bekannt. Gemeinsam mit Produzentin Elena Parker wechselte er zu "United Artists", wo er bis 1974 vier weitere Singles und ein Album ("Reise in eine glückliche Zukunft") - mit großteils Eigenkompositionen - veröffentlichte. Ich mutmaße, dass es ihm wichtig war, seine eigene Musik (die sich erstaunlich angenehm vom damaligen Musikeinerlei abhebt!) zu machen und die Polydor ihm da nicht die entsprechenden Entwicklungsmöglichkeiten (wie UA) bot.

Für die Textadaption fiel die Wahl auf Anja Hauptmann (* 1943), Enkelin des Dichters Gerhart Hauptmann.
Sie übersetzte beispielsweise die Texte für das Andrew-Lloyd-Webber-Musical "Jesus Christ Superstar" (1970). Zudem arbeitete sie u. a. als Texterin für Katja Ebstein, Daliah Lavi und Suzanne Doucet. Mitte der 70er-Jahre betätigte sie sich einige Zeit als Liedermacherin. Sie ist bis heute künstlerisch tätig und steuerte u. a. die deutschen Texte für die Musicals "Dirty Dancing" (2006) und "The Addams Family" (2014) bei.




Ein Sonder-Plus-Bonus ist, dass tatsächlich die komplette, fast neun (!) Minuten dauernde, Version auf Platte (geteilt auf A- und b-Seite) veröffentlicht wurde.
Leider waren 1972 noch nicht alle Passagen "entschlüsselt", daher ist der Text mitunter sehr speziell und eigenwillig - da großteils versucht wurde, wortwörtlich zu übersetzen. Don McLean hielt sich in Bezug auf den Inhalt des Songs sehr lange bedeckt, was Interpretationen stets am laufen hielt.

1993 äußerte er in einem Interview dazu: "Es gibt viele Interpretationen meines Textes, aber keine stammt von mir (...) Tut mir leid, (...) aber ich habe vor langer Zeit begriffen, dass Songschreiber ihre Aussagen machen, sich dann aber anderem zuwenden und über das Gewesene würdiges Schweigen bewahren sollten." 

Genauere Informationen über die Bedeutung des Songs gibt es hier.

Dennoch lässt sich sagen, dass der Song zahlreiche Anspielungen auf die amerikanische Geschichte und das Musikbusiness machen, die im deutschen Cover so nicht vorkommen bzw. nicht ganz funktionieren.

An dieser Stelle ein großer Dank an "Hansis Schlagerseiten" für die Bereitstellung der Texte, das hat mir einiges an Zeit erspart.

Dennoch, muss ich einfach - ich kann nicht anders - ein paar Textstellen markieren, die doch für ein wenig unfreiwillige Komik sorgen ...


Es ist schon lange her
Ich weiß noch, wie ich lächeln musste
über die Musik
Ich fühlte, mal kommt meine Zeit,
dann tanzen sie nach meinem Lied,
sind glücklich für den Augenblick vielleicht.


Doch Februar war's dann geschehen,
wir konnten nicht mehr weiter gehen,
auf dem Weg nach oben,
die Treppe war verschoben,


Ich weiß nicht, habe ich geweint?
Es fiel'n so viele vor dem Feind,
und in mir starb in dieser Zeit
ein Traum und die Musik, so...


(Refrain:)
Bye, bye, Miss American Pie
Nicht vergessen: vor dem Essen trinkt man Whisky und Rye
Du redest viel, tanzt an der Wahrheit vorbei,
tiefgefroren an der Wahrheit vorbei
,

immer an der Wahrheit vorbei.

Hast du denn das Lied geschrieben,
das schöne Lied der wahren Liebe,
nur weil es in der Bibel steht?
Glaubst du an Gott und ein Gebet,
und macht Musik die Seelen ganz?
Und zeig‘ mir bitte, wie man langsam tanzt.

Ja, ich weiß, du bist verliebt in ihn
Ich sah euch tanzen, ganz intim
Ganz cool habt ihr's gebracht,
und so ging's die ganze Nacht.

Ja, ich war nur ein verlass'ner Typ,
mit rosa Nelke, altem Jeep,
und in mir starb an diesem Tag
das Glück und die Musik - und ich sang dabei:

Refrain

Seit Jahren sind wir schon allein
was einmal war, ist heute Schein,
denn ganz so schlimm war's damals nicht
Der Narr sang für die Königin -
er trug sein Hemd so wie James Dean -
mit einer Stimme, die wie uns're spricht.

Die Königin stieg von dem Thron,
da starrten all' die Dornenkron'
Die Verhandlung ward vertagt
und vom Urteil nichts gesagt.

Und als Lenin nachlas über Marx -
die Beatles übten grad' im Park -,
da starb in uns an diesem Tag
das Glück und die Musik - und so sangen wir:

Refrain


So gingen uns're Tage hin,
wir sahen keinen Sinn darin,
nach sieben Jahren war's soweit.
Dann begann die Blumenzeit,
das Paradies schien nicht mehr weit
,

und auch der Hofnarr kam ganz schnell herbei.

Er setzte sich ins gold'ne Ei
und Seargant Pepper spielt dazu,
bewusst wie ich und du
und wir dachten uns nichts dabei

Wir standen auf und tanzten mit,
doch viel zu schnell war dieser Schritt
So gehen wir nun brav zurück
zu uns und der Musik - und so singen wir:


Refrain

So verloren hingen wir im Raum,
die Jugend ohne ihren Traum
Neubeginnen war jetzt viel zu spät
So pass auf, Mick, komm aus dem Trip
Glaub mir, es ist ein Höllentrick,
denn Feuer ist des Teufels bester Freund.


Doch als er auf die Bühne sprang,
fing er vor Wut zu schreien an
Kein Mensch mehr hat die Kraft
zu sprengen diese Macht
Und als die Flamme hochschlug in die Nacht,
beleuchtet' sie die Höllenpracht
Da lachte Satan voller Glück

Und dann starb die Musik - und ich sang dabei:

Refrain

Ein Mädchen sang von Einsamkeit,
fragte: Ist das Glück so weit?
Sie lächelte und schaute fort.
Da ging ich zum geweihten Ort
wo früher ich Musik gehört,
doch die Musik, die gibt es dort nicht mehr.

Und draußen hörte ich Kinder schrei'n
Verliebte weinten, Dichter träumten
Kein Wort ward mehr gesprochen
Die Glocken sind zerbrochen
Die Drei, die für mich alles sind,
Vater, Sohn und Heil'ger Geist,
sind unerwartet abgereist
Und dann starb die Musik - und so singen sie:
A long, long time ago,
I can still remember
how that music used to make me smile
And I knew if I had my chance
that I could make those people dance
and maybe they'd be happy for a while

But February made me shiver,
with ev'ry paper I'd deliver
bad news on the doorstep,
I couldn't take one more step

I can't remember if I cried
when I read about his widowed bride
But something touched me deep inside
the day the music died -- so


(Chorus:)
Bye bye, Miss American Pie,
drove my Chevy to the Levee, but the Levee was dry,
and good old boys were drinking whiskey and rye
singing this will be the day that I die
This will be the day that I die


Did you write the book of love,
and do you have faith in God above
if the Bible tells you so?
Now do you believe in Rock 'n Roll,
can music save your mortal soul,
and can you teach me how to dance real slow?


Well I know that you're in love with him,
'cause I saw you dancing in the gym,
you both kicked off your shoes,
man, I dig those rhythm and blues.

I was a lonely teenage bronking buck
with a pink carnation and a pickup truck
but I knew I was out of luck
the day the music died -- I started singing:

Chorus


Now for ten years we've been on our own,
and moss grows fat on a rolling stone
but that's not how it used to be.
When the Jester sang for the King and Queen,
in a coat he borrowed from James Dean
in a voice that came from you and me.

Oh, and while the King was looking down,
the Jester stole his thorny crown,
The courtroom was adjourned,
no verdict was returned.

And while Lennon read a book on Marx
the quartet practiced in the park
and we sang dirges in the dark
the day the music died -- we were singing:

Chorus


Helter skelter in a summer swelter
the birds flew off with a fallout shelter
eight miles high and falling fast
Landing foul on the grass
The players tried for a forward pass
with the Jester on the sideline in a cast

Now the half-time air was sweet perfumed
while sergeants played a marching tune
We all got up to dance
but we never got the chance
'cause when the players tried to take the field
the marching band refused to yield.
Do you recall what was reveiled
the day the music died? -- We started singing:

Chorus


And then there we were all in one place
a generation lost in space
with no time left to start again
So come on Jack, be nimble, Jack be quick
Jack flash sat on a candle stick
'cause fire is the Devil's only friend.

And as I watched him on the stage,
my hands were clenched in fists of rage,
no angel born in hell
could break that Satan's spell.
And as the flames climbed high into the night
to light the sacrificial rite
I saw Satan laughing with delight

the day the music died -- he was singing:

Chorus


I met a girl who sang the blues,
and I asked her for some happy news,
but she just smiled and turned away.
I went down to the sacred store
where I'd heard the music years before,
but the man there said the music wouldn't play.

And in the streets the children screamed,
the lovers cried, and the poets dreamed,
but not a word was spoken,
the church bells all were broken.
And the three men I admire the most,
the Father, Son and the Holy Ghost,
they caught the last train for the coast
the day the music died -- and they were singing:


Die unterstrichenen Passagen weichen doch ein wenig vom Original ab bzw. sind sehr kreativ gesetzt - ich denke hier zum Beispiel an "tiefgefroren an der Wahrheit vorbei" oder das aus "Lennon" "Lenin" wurde ;)

Wie auch immer. Man kann sich darüber streiten, aber für den Mut, dieses Cover zu machen und den ernsthaften Versuch, Don McLeans Original auf einer würdigen Ebene zu entsprechen, kann ich nicht anders als fünf von fünf Pie's (oder Kuchen) zu vergeben. Anja Hauptmann seien so manche Passagen herzlichst verziehen, denn das große Ganze entspricht - meiner Meinung nach - einem wirklich würdigen und ernstgemeinten Cover.

Genießt die sonntäglichen Sonnenstrahlen und falls ihr einen Kuchen in der Nähe habt - esst ihn, ihr werdet sehen, die Glücksendorphine kommen - auch wenn die Treppe längst verschoben ist. Was? Eine Schwarzwälderkirschtorte aus dem Gefrierfach? Naja, da geht man schon ziemlich tiefgefroren an der Wahrheit vorbei. Aber Kuchen ist Kuchen. (Whiskey und Rye gehen natürlich auch!)

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