Donnerstag, 16. April 2020

# 29 - "Radio Luxemburg wünscht 'Guten Morgen'" - Herlinde Grobe (1975)

Ja, die aktuelle Zeit hat auch Positives zu bieten. Viele Menschen werden nicht mehr tagtäglich um 6 Uhr aus den schönsten Träumen gerissen und müssen ihre trägen Körper in die Arbeit manövrieren. Vielfach sind Termine relativ geworden und auch die Kernarbeitszeiten wurden angepasst. Ausschlafen ist momentan für einige Menschen also nicht nur am Sonntag drin, sondern an allen Tagen.
Das es unterschiedliche Methoden gibt, wie man liebevoll geweckt werden kann, ist obligatorisch. Ob durch den Duft von frisch-gebrühtem Kaffee in Form von Frühstück, das einem ans Bett gebracht wird, durch zärtliche Hahnenrufe im ländlichen Idyll oder weil die Müllmänner überlaut die Mülltonnen entleeren - der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Doch in den 70er-Jahren, als Radio noch Hochkonjunktur hatte, weil YouTube und Spotify noch nicht mal bei den fortschrittlichsten Zukunftsforschern plausibel erschienen, da gab es auch "Weck-Musik". Radio Luxemburg hat ihre sogar auf Schallplatte pressen lassen.




Herlinde Grobe
A: Mon Ami, c'est la Vie (M: Horst-Heinz Henning / T: Max Mainzel = Christine Neuhausen)
B: Radio Luxemburg wünscht guten Morgen (M: Horst-Heinz Henning / T: Max Mainzel) 

1975, Decca, 6.11682 AC
produziert von Horst-Heinz Henning


"Herlinde Grobe" - ein Name wie Musik. Ja, die gute Frau heißt wirklich so und wurde 1948 in der Nähe des südhessischen Offenbachs geboren. Neben einer klassischen Tanzausbildung und ersten Choraktivitäten absolvierte sie eine Ausbildung zur Feintäschnerin (Lederverarbeitung), ehe sie alles auf die goldene "Schlager"-Karte setzte. Ihre ersten Schallplattenaufnahmen kamen 1965 auf den Markt. Es folgten Duette mit Teenie-Idol Thomas Fritsch sowie zahlreiche Schallplattenproduktionen. In dieser Zeit nennt sie sich Berti, Berti Glockner und Angela Burg. Als Mitglied der für kurze Zeit bestehenden Gruppe "Meeting Point" nimmt sie auch an der deutschen Vorentscheidung zum Grand Prix d'Eurovision teil.
Großen Erfolg hatte sie als Begleitsängerin von Frank Farian (dem Erfinder von "Boney M." und "Milli Vanilli") bei seinen 1976 veröffentlichten Hits "Rocky" und "Spring' über deinen Schatten, Tommy". Ein erneuter Versuch sie, die "Rocky-Sängerin", solistisch zu pushen, scheitert. Herlinde arbeitet wieder verstärkt im Studio und Background ehe sie Mitte der 80er-Jahre als "Bianca" ins Show-Geschäft zurückkehrt. Und ab dem Zeitpunkt läuft es für sie. Sie ist häufiger Gast in Fernsehsendungen und komponiert auch für andere SängerInnen. Ihr Steckenpferd sind nun volkstümliche Lieder mit meist christlichen Inhalten. Mehrfach nahm sie am Grand Prix der Volksmusik teil.

Das Herlinde eher eine Frau "fürs Grobe" ist, beweist auch dieser "sanfte" Morgenweckruf. An dieser Stelle bin ich ehrlich zu euch: Wenn ich so geweckt werde, gibt es bei mir wirklich Mord und Totschlag. In der Früh bin ich für Martern dieser Art NICHT zu gebrauchen! (Und ein Vergehen dieser Art wird lebenslänglich nicht verziehen, geschweige denn vergessen! Ich sage nur #Vendetta^3)

Radio Luxemburg wünscht "Guten Morgen"
Alles Gute, alles Liebe und viel Glück
Radio Luxemburg vertreibt die Sorgen

Wie jeden Tag mit seiner fröhlichen Musik

--> Kennt ihr dieses Gefühl, wenn man in der Früh aufwacht und das Gefühl hat, der ganze Tag ist bereits gelaufen? Das man wirklich sowas von mit dem falschen Fuß aufgestanden ist und weiß, dass die einzige Lösung, den Tag halbwegs zu überstehen, wäre, sich rücklings wieder ins Bett fallen zu lassen und die Decke über den Kopf zu ziehen? Ja? Genau diese Assoziation habe ich, nachdem dieser Refrain ertönt. Wenn ich etwas noch weniger leiden kann, als unfreiwillig geweckt zu werden, dann ist es, wenn die Person, die mich weckt, UNFASSBAR gute Laune hat - und das bereits in der Früh!

Der fröhliche Wecker mit Musik und Humor
Auf den vier fröhlichen Wellen
Bringt Schwung in den Alltag für den, der zuvor
Nicht vergisst, sich auf uns einzustellen

--> Ja, ich kann meinen Wecker stellen. Ja, ich kann mich darauf einstellen, dass er irgendwann (idealerweise zu der von mir festgelegten Zeit) ertönt, aber NEIN, ich kann mich auf DIESEN Weckruf sicher NIEEEEEEEEEEEEEEEEMALS einstellen!

Refrain

Der fröhliche Wecker macht das Aufsteh'n euch leicht
Mit Tipps und mit Information
Vielleicht auch oft kopiert, aber nie ganz erreicht
Treffen wir hier den richtigen Ton


--> Wenn so für euch "leichtes Aufstehen" aussieht, dann will ich gar nicht erst wissen, wozu ihr noch alles fähig seid! Gott sei Dank hat bis dato NIEMAND versucht, diesen brutalen Weckruf zu kopieren. Und Herlinde, es tut mir wirklich leid, aber ihr trefft damit um 06:23 sicher nicht den richtigen Ton für MICH.

Refrain

Der fröhliche Wecker ist ein lustiger Trick
Für euren Tagesbeginn
Wir haben dabei etwas Schalk im Genick
Und kein Sinn hat auch einen Sinn


--> Mit der letzten Strophe merkt man überdeutlich, dass euch jetzt auch schon bewusst geworden ist, dass euer Unterfangen echt nicht nett war und euch jetzt KEINERLEI rationale gute Gründe mehr einfallen, um diesen sado-masochistischen Anfall zu begründen, geschweige den "mildernde Umstände" zu erfehlen. Das man "Schalk im Nacken" hat, weiß ich, aber was passiert wenn man zu viel Schalk "im Genick" hat, war mir bis dato unklar. Möglicherweise wirkt es sich auf das Kurzzeitgedächtnis aus. Oder auf das Textverständnis. Aber egal. Wie sagte doch bereits der große Dichter Edgar Allan Pöter "Und kein Sinn hat auch einen Sinn".



Meine Bewertung fällt sehr kurz aus. Für dieses brutale Machwerk vergebe ich nichts. Aber, wenn es in meiner Nähe ertönen würde, würde ich mindestens fünf schwere Gegenstände in diese Richtung werfen!

Ich hoffe, dass ihr heute angenehmer geweckt wurdet. Bei mir hat das freundlicherweise die Sonne erledigt. Die ist ganz sanft einfach aufgegangen und hat mich durch ihr fröhlich-sanftes Erscheinen liebevollst entschlummert. Danke dafür, btw! 
Solltet ihr einen ganz schlimmen Feind haben oder wünschen, dass jemand furchtbar gemein geweckt wird, empfehle ich dieses Lied. Idealerweise in der Endlosschleife. Mit so einem fröhlichen Wecker kann der Tag doch gar nicht anders als ... ich höre lieber auf. Ich glaube ich habe gerade die Tür zu meinem finstersten und abgrundtiefst bösartigsten Inneren gefunden. Die mach' ich lieber schnellstmöglich wieder zu. Bis morgen :)

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