Sonntag, 17. Mai 2020

# 60 - "Du spielst immer Räuberhauptmann" - Valerie Pascale (1969)

Für alle, die heute noch keine Idee haben, was sie spielen können oder nach einer neuen Identität Ausschau halten, habe ich etwas Leichtfüßiges vorbereitet: 




VALERIE PASCALE
A: Du spielst immer Räuberhauptmann [?] (M: Gianni Meccia / dt. T: Rudi Lindt = Rudi von der Dovenmühle)
B: Immer wenn es Abend wird (M & T: Rudi Lindt / Günter Sonneborn / Frank Stern)

1969, Vogue, DV 14 825


Bei Valérie Pascale handelt es sich um eine junge belgische Sängerin, die Mitte der 60er-Jahre erste Schallplattenaufnahmen machte. Zwischen 1968 und 1969 nahm sie drei Singles in deutscher Sprache auf - nach dieser wurde der Vertrag augenscheinlich nicht mehr verlängert. Der letzte Hinweis auf ihr musikalisches Schaffen ist ein Fernsehauftritt im Jahr 1971. Was aus ihr wurde, ist nicht bekannt.

Bekannter hingegen war der Kölner Textautor Rudi von der Dovenmühle (1920-2000), von dem u. a. Titel wie "Ich will 'nen Cowboy als Mann" (Gitte, 1963), "Caroline" (Ray Miller, 1970) oder die "Liechtensteiner-Polka". Auch der deutsche Beitrag zum Grand Prix d'Eurovision von 1964, "Man gewöhnt sich so schnell an das Schöne" von Nora Nova, stammte aus seiner Feder. Der Song selbst fiel leider durch und landete - punktelos - am letzten Platz.

Nun aber zu diesem literarischen Hochgenuss:

Du spielst immer Räuberhauptmann
Wie das sonst die Buben tun
Du raubst heimlich jedes Mädchenherz
Und bereitest damit Liebesschmerz
Du machst alles wie ein Tunichtgut

Kaputt - kaputt - kaputt

Du spielst immer Räuberhauptmann
Wie das Ali Baba tat

Morgens kommen Blumen schön verpackt
Und bei Nacht und Nebel wird dein Herz geknackt
Du machst alles wie ein Tunichtgut
Kaputt - kaputt - kaputt

Wenn ein Mädchenherz auch goldig ist, ja, ja
Sowas stielt man nicht bei Nacht, no, no

Du hast schon so manches Girl gekränkt
Und vielleicht hätt' grad dieses Girl 

Dir von Herzen lieb und gern ihr Herz geschenkt
(Wiederholung)





Ja, wer kennt sie nicht, die bösen Räuber, die Nachts kommen und einfach Herzen klauen. (Ein Umstand, der auch Gaby Baginsky nicht fern war und ein paar Jahre später auch von ihr musikalisch in Szene gesetzt wurde.) Gut, dass die brave Valerie ihres besonders heftig bewacht hat. Andere Stellen wurden möglicherweise auch mithilfe eines zeitgemäßen Keuschheitsgürtels (farblich passend zum Mini) kaschiert. Besonders dankbar bin ich Textautor Rudi vor allem für die Verwendung des Worts "Tunichtgut" - eine großartige bildhafte Bezeichnung für manch fragwürdige Individuen, die man einfach nicht treffender beschreiben kann - das sich auch besonders gut auf das akzentbehaftete "kapuuut" reimt.

Literarisches Highlight ist definitiv folgende Verszeile: "Du hast schon so manches Girl gekränkt und vielleicht hätt' grad dieses Girl dir von Herzen lieb und gern ihr Herz geschenkt". Das fehlerfrei (in diesem Tempo) auszusprechen, fiele selbst mahnschäm ... pardon, manchem Muttersprachler schwer. An dieser Stelle also noch ein Sonderpunkt für Valerie und an jene Person, die die ehrenvolle Aufgabe bekam, reihenweise Geschirr zu zerdeppern, um dem Song das "gewisse Etwas" zu verleihen (und um zweifellos einiges kaputt zu machen)!

Wenn ihr euer Herz verschenken möchtet, dann müsst ihr es gar nicht nett einpacken. Lasst es aber vielleicht nicht an zu öffentlichen Orten liegen, sonst wird es am Ende von der falschen Person "geknackt" und ist dann nur noch kaputt kaputt kaputt ...

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