Freitag, 22. Mai 2020

# 65 - "Ich hab' kein Herz aus Stein" - Claudia Costa (1973)

Mediziner können wieder aufatmen: Claudia Costa offenbart endlich die große Erfolgsmeldung: "Ich hab' kein Herz aus Stein". Alles wird wieder gut. Oder etwa doch nicht? 




CLAUDIA COSTA
A: Ich hab' kein Herz aus Stein (M: Gert Wilden / T: Günther Behrle)
B: Ein Mann wie Jason King (M: Gert Wilden / T: Günther Behrle)

1973, Pop-Music, PM 32 029
Produziert von Gert Wilden



Es gibt SängerInnen, über die findet man einfach keinerlei Informationen. Nada, niente, null. So ging es mir auch bei dieser jungen und - laut Schallplattencover - durchaus attraktiven Sängerin. Kommt man aber mit den Aufnahmen in Kontakt, dann lügt die Nachfolgesingle leider, denn "Du hast mir so gefehlt" kommt mir dabei eher weniger in den Sinn. Und dann ist Claudia Costa (ein Künstlername - bürgerlich hieß sie möglicherweise Renate Müller oder Silke Koslowski) 1974 ebenso schnell wieder in der Versenkung, aus der sie kurz zuvor auftauchte, wieder verschwunden.

Dabei hätte eigentlich Vieles rund laufen müssen: Sie sah ganz gut aus, die Titel sind kommerziell angelegt und gehen ins Ohr. Tina York und Tanja Berg haben zu dieser Zeit vergleichbare Aufnahmen - mit Erfolgsproduzent Jack White - gemacht. Die wurden zu Hits.

Allein die Beteiligung des Komponisten Gert Wildens (1917-2015), der u. a. mit Hannelore Auer (Heinos späterer Ehefrau), Elke Sommer oder Hildegard Knef arbeitete, und des damals 27-jährigen Texters Günther Behrle (* 1945), der zu diesem Zeitpunkt bereits Erfolge wie "Wie eine Ladung Dynamit" (Teddy Parker, 1971), "Ich hab' in Essen mein Herz vergessen" (Kirsti, 1971), "Ali Baba und die 40 Räuber" (France Gall, 1971), "Ein einsames Herz, das braucht Liebe" (Ulli Martin, 1972) oder "Es ist schwer, dich zu vergessen" (Peggy March, 1972) verbuchen konnte. Ein Riesenerfolg war die deutsche Textfassung für "How do you do?", das sowohl von den Originalinterpreten Mouth & MacNeal als auch den "Windows" auf den Markt kam.

Doch hören wir uns mal an, was dabei rausgekommen ist:

Ich verliebte mich schon oft und merkte hinterher
Dem Mann, der vorher viel verspricht, fällt dann das Treusein schwer
Drum zog ich die Lehren draus und ließ so manchen geh'n
Aber dir muss ich heut' Nacht gesteh'n

Ich hab' kein Herz aus Stein
Und möchte glücklich sein
Ein ganzes Leben lang
Und immer nur mit dir

Ich hab' kein Herz aus Stein
Und bin nicht gern allein
Darum geh' nie mehr fort
Nie wieder fort von mir

"Lass sie geh'n", so sagen dir die anderen vielleicht
"Jeder weiß doch, dass ein Mann bei der nicht viel erreicht"
Dazu sage ich nur eins: "Ich weiß doch was ich will
Du allein, du bist mein ganzes Ziel"

Refrain




So. Nun kommen wir zu der Kritik und auch ich werde versuchen, kein "Herz aus Stein" dabei zu haben. Wie Moderator Dieter Thomas Heck am Anfang ihres Live-Auftritts (!) in der Anmoderation anführt: Claudia Costa ist eine Nachwuchssängerin und das ist tatsächlich auch ihr erster (und vermutlich) einziger Fernsehauftritt. Ob sie zuvor jemals vor so großem Publikum gesungen hat, ist ebenfalls fraglich. Das ist für die Nerven schon eine ordentliche Zerreißprobe und da kann man jedes Herzklopfen absolut verstehen. Allerdings sind die Töne - leider - an sehr vielen Stellen nicht dort, wo sie sein sollten. (Dank des eifrig-mitklatschenden Publikum fällt das aber trotzdem nicht so stark auf) ...

Die Story des Songs ist schnell erzählt: Ein junges naives leichtsinniges Girl hat zu vielen Boys ihr Herz geschenkt. Die haben es ihr aber nicht gedankt und dann mit ihrer vermeintlich besten Freundin rumgemacht. Ende vom Lied? Sie ist wieder Single und gilt als frigide, konservative Tussi, die viel zu hohe Ansprüche an das arme männliche Geschlecht hat. Aber dann traf sie ihren Märchenprinz mit weißem Schimmel am Pimmel (pardon, jetzt ist es mit mir durchgegangen!) und möchte sich am liebsten selbst herschenken (es tönt fast so als würde jeder Eisprung mit einem eigenen Tusch gefeiert).
Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie heute noch glücklich miteinander. Oder auch nicht.

Claudia Costa hat ganz bestimmt mehrere Talente gehabt und - so wünsche ich es ihr - hoffentlich auch ihr privates Lebensglück gefunden. Eine große (und um ehrlich zu sein auch keine kleine) musikalische Karriere hätte ich ihr allerdings auch damals nicht prognostiziert. Aber das ist ja auch nicht alles im Leben ... da fällt einem so mancher Stein vom Herzen ;)

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